Getriebene im Zeichen des Kreuzes

Eine historische Erzählung aus dem 12. Jahrhundert

von

Es war nachmittags kurz vor fünf Uhr, als das schwere
Eichenportal des Benediktinerklosters St. Maximin in
Treveris knarrend hinter Abt Conrad ins Schloss fiel.
Der feuchte Kies auf dem Weg durch die große, nahezu
kreisrunde Anlage des Klosters – errichtet im 4. Jahrhundert
auf einem römischen Gräberfeld – knirschte
unter seinen Schritten. Bis zum das Areal begrenzenden
hohen Eisentor waren es gut dreihundert Fuß.
Dann überquerte Conrad die Thebäer Straße, ging in
Richtung des alten nördlichen Stadttores und passierte
es nach wenigen Minuten. Immer wieder lief ihm ein
Schauer den Rücken hinunter bei dem Gedanken, dass
sich vor über 160 Jahren der griechische Eremit Simeon
im Ost-Turm des Tores hatte einmauern lassen, durch
Eisenstäbe hindurch verpflegt wurde und nach sieben
mehr oder weniger qualvollen Jahren starb. Der damalige
Erzbischof Poppo hatte anschließend zu seinem
Gedenken die alte Porta in eine übereinander liegende
Doppelkirche umbauen lassen. Auf Conrad – seit 1177
der 34. Abt seiner Abtei – machte dieser wuchtige Komplex
einen merkwürdigen Eindruck und er hatte sich nie
damit anfreunden können.