Göttinger Sudelblätter

Fussball literarisch

von

Der Autor läßt Höhen und Tiefen ballorientierter Literatur ‚Paroli laufen‘ (Horst Hrubesch), ohne dabei das Wesentliche aus dem Blick zu verlieren: ‚Es sind Worte gefallen. Jetzt werden Taten fallen!‘ (Huub Stevens)

‚Sinnloser als Fußball ist nur das Reden über Fußball.‘ Mit diesem Bonmot Martin Walsers beginnt Andreas von Seggern seinen Essay, in dem er nach Spuren dieses Sports im dichterischen Schaffen deutscher Schriftsteller sucht. Er wird vielfach fündig, aber es gefällt ihm häufig nicht, was er findet: Deutsche Dichter stehen im Abseits, wenn es literarisch um Fußball geht. Sie verstehen Fußball und seine Fans meist nicht, wie Zitate von Koeppen, Böll, Grass oder Handke zeigen. Es gibt zwar auch die andere Seite – zu nennen sind Ödön von Horváth, Hugo Dittberner und Walter Jens –, dennoch läßt der große deutsche Fußballroman noch immer auf sich warten.
Gründe dafür findet von Seggern nicht zuletzt in der deutschen Geschichte, und er kann hier mit überraschenden Funden aufwarten. So zitiert er etwa genüßlich aus dem ‚Deutschen-Fußball-Jahrbuch‘ von 1913, in dem sich der DFB als besonders patriotisch und kampfeslustig darstellt, um sich gegen die populäre Turnbewegung behaupten zu können. Von da an zeigt sich immer wieder der verhängnisvolle Einfluß der Politik auf den Fußball und damit auch auf dessen literarische Verwertbarkeit, ehe, zunächst 1954 und dann seit den 70er Jahren, Deutschland nicht nur ökonomisch sondern auch fußballerisch zu einem Erfolgsmodell wird.
Letztlich liest man aus jeder Zeile dieses amüsant-nachdenklichen Essays, daß hier ein Fan schreibt, dem hohe Literatur und trivialer Ballsport gleichermaßen am Herzen liegen. Und unter der Hand gerät dieser Essay so auch zu einer Studie über den schöngeistigen Fußballfan mit all seinen Nöten und Freuden.