Graubünden und das Auto

Kontroversen um den Automobilverkehr 1900-1925

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Die Motorisierung des Strassenverkehrs gilt als eine der einschneidensten Entwicklungen des 20. Jahrhunderts. Auch wenn diese für die Zeitgenossen noch keinesfalls absehbar war, stellt sich die Frage, wie es dazu kommen konnte, dass der Kanton Graubünden sich zwischen 1900 und 1925 der tief greifenden Dynamik dieses Prozesses zu entziehen versuchte und sich als eine automobilfreie Zone behaupten wollte: Wie lässt sich der fast drei Jahrzehnte anhaltende Widerstand der Bündner gegen das Automobil erklären? Welche wirtschaftlichen und sozialen Hintergründe, Interessen, Bedürfnisse, Ängste, Befürchtungen, Motive, Ideen, Argumente, Erfahrungen und Vorstellungen konnten eine so beständige und weit verbreitete ‚Mentalität‘ hervorbringen wie die ablehnende Haltung vieler Bündner in der Automobilfrage?

Auf Grundlage verschiedener Quellen und einer Analyse von Abstimmungsergebnissen versucht dieses Buch, eine Antwort auf die erwähnten zentralen Fragen zu finden. Vordringlichstes Ziel ist es, das soziale Profil der Gegner und Befürworter der Motorisierung, die räumliche Verbreitung des Widerstands und die Entwicklung der Debatte zu rekonstruieren.

Die Ergebnisse zeigen, dass monokausale und stereotype Erklärungen, wie die Annahme einer grundsätzlichen modernitäts-, technik- und fortschrittsfeindlichen Haltung der Bündner Landwirte und Fuhrleute, zu kurz greifen, um ein derart komplexes und vielschichtiges Phänomen wie den Widerstand gegen die Motorisierung zu erklären.