Hamburger Lesehefte

von

Lessings 1755 erschienenes Bühnenstück gilt als erstes bürgerliches Trauerspiel in Deutschland, spielt allerdings in England, wo sich die tugendhafte junge Miss Sara Sampson mit ihrem Geliebten Mellefont in einem Gasthof aufhält. Beide sind vor Saras Vater Sir William geflohen, der ihre Verbindung nicht gutheißt, und wollen in Frankreich heiraten, sobald Mellefont eine Erbschaft erhalten hat. Ihnen nachgereist ist nicht nur Sir William, der sich mit den beiden versöhnen möchte, sondern auch Mellefonts intrigante ehemalige Geliebte Marwood, die ihn zurückgewinnen will. Die Gedanken der Aufklärung, die das neue Bürgertum kennzeichnen – Tugend und Moral, Vernunft, auch freie Entfaltung der Persönlichkeit und Selbstbestimmung –, spielen in diesem Stück eine wesentliche Rolle, kollidieren jedoch mit den längst nicht abgelegten Verhaltensweisen der alten höfischen Welt. Die Protagonisten, von Schuldgefühlen getrieben, verzeihen einander zwar ihre Fehltritte, können das tragische Ende allerdings nicht verhindern.