Hannah Doughertys Malerei zeichnet sich durch eine „Retro-Patina“ der dominierenden Pastellfarben und stark konturierten Figuren aus, die sich hauptsächlich an Kinderbücher, Werbung und Comics aus den Fünfzigerjahren anlehnen. Hinzu kommen grafische Bildelemente, die an Kupferstiche von Dürer und Abbildungen in alten Enzyklopädien erinnern. Im Gartenhausprojekt klebt Dougherty außerdem handgeschriebene Notizen und verschiedene Zettel – darunter eine Rechnung einer Berliner Viehhandlung aus dem Jahr 1939 und einen japanischen Zugfahrplan – zumeist verkehrt und unvermittelt nebeneinander auf das Bild, so dass diese Elemente wie kaum zu entziffernde Erinnerungsstücke wirken. Sie sollen offenbar dafür sorgen, dass die Zeichensprache von den Bildern auf geschriebene Texte und die verbale Kommunikation übergreift, und sie sollen wohl auch eine Kettenreaktion des Verweisens und Bezugnehmens an der Bildoberfläche verstärken. Schließlich erweitern diese Details die Fokussierung unseres Blickes von großformatigen Bildern bis hin zu winzigen Buchstaben, von der Gesamtschau zum Detail. Der Kunstgeschichte entlehnte Bestandteile werden zu Grafiken gemacht, in Illustrationen umgewandelt, mit Werbebotschaften versehen oder hart neben sprachlichen Text montiert, so dass dabei eine heimwerkerartige Collage entsteht. Am Ende wird das alles durch den musealen Kontext sanktioniert und wieder zurück in das Register der Kunst geholt – mit dem Ergebnis einer Schichtung von Zeichen, die sich gegenseitig in die Quere kommen.
Das Gartenhausprojekt wirkt wie ein Bühnenbild des vorstädtischen Arkadiens. Es ist in einem eigenen Raum aufgebaut und in ein Dämmerlicht getaucht, in dem Punktscheinwerfer dramatische Akzente setzen. Schon die Beleuchtung erregt im Kontrast zum grellen Weiß und zur nüchternen Präsentation im Rest des Museums Aufmerksamkeit. Beim Betreten des Raumes begegnet man einer kitschigen Szenerie von Kleingartenhäusern aus fertigen Bausätzen. Ihre Fenstersimse sind mit künstlichen Topfpflanzen geschmückt. Ein Fuchs und ein Hirsch, beide ausgestopft, stehen herum, und die Vogelhäuser wirken mit ihrem anthropomorphen, karikaturhaften Aussehen wie hölzerne Requisiten, die uns aus leeren Augen anstarren. Solchen Vogelhäusern hat Dougherty in anderen Arbeiten Vornamen wie Christine, Bernd und Detlev gegeben, die sehr an Ikea-Möbel erinnern. Doch hier stehen diese Requisiten ganz einfach als Simulakren herum, eher finster als fröhlich, wie Gartenzwerge.
Hannah Dougherty’s painting is characterized by a ‚retro-patina‘ lent by a predominance of pastel colours and strongly contoured figures inspired mainly by children-book illustrations, ’50s advertisements and comic strips, which mingle with graphic images that recall Dürer’s etchings and pictures from encyclopaedias. In The Gartenhaus Project she also juxtaposes hand written notes and diverse scraps of paper such as a Berlin butcher’s bill dated 1939 or a Japanese train schedule, glued to the painting, mostly upside-down, so that they appear like hardly readable memorabilia. They seem placed there to extend the sign language from images to written text and verbal communication, and to amplify the chain of references displayed on the painting surface. They also expand the focal range of our eyes from large format images to minute letters, from overview to detail. Elements borrowed from classical art twisted into graphics, turned into illustration, informed by advertisement, juxtaposed with language and resulting in do-it-yourself collage – all transposed back into art again, as the museum context sanctions – result in a stratification of interfering signs.
Featured like a theatre set offering a representation of Arcadian suburbia, The Gartenhaus Project is placed in a separate gallery and sunk in twilight, dramatically illuminated by spotlights. Alone the lighting, which contrasts with the glaring whiteness and orderly display of the surrounding museum, attracts attention. Upon entering, we are faced with a kitsch scenario of prefabricated garden houses, with pots of artificial flowers decorating the windowsills, a stuffed fox and deer surrounding them, and birdhouses that look like wooden props with anthropomorphic caricature appearances, gazing at us with hollow eyes. In other works that also use birdhouses, Dougherty has titled these props individually with forenames much like Ikea furniture – Christine, Bernd, Detlev. Here, they simply stand around as simulacra, more sinister than jolly, like garden gnomes.
- Veröffentlicht am Dienstag 20. März 2007 von Wasmuth, E
- ISBN: 9783803032065
- 72 Seiten
- Genre: Bildende Kunst, Kunst, Literatur, Sachbücher