In der allgemeinen Vorstellung riecht der Begriff
Museum nach Muff, Spinnweben, Knochen, verwesenden
Mäusen, mumifizierten Vögeln, angeschimmelten
Bildern, stinkenden Marmorleichen
und verstaubten Vitrinenwäldern. Der Skeptiker
denkt an alte Häuser, vollgestellte Räume, dunkle
Keller, feuchte Kirchen, ruinöse Burgen, vergilbte
Bücher, Objekte und Gedanken, die –
nicht mehr gebraucht – auf das Altenteil oder
auf den Friedhof geschickt worden sind.
‚Der Ausdruck ›museal‹ hat im Deutschen
eine unfreundliche Färbung. Er bezeichnet Gegenstände,
zu denen der Betrachter sich nicht
mehr lebendig verhält und die selber absterben.
Sie werden eher aus historischer Rücksicht aufbewahrt
als aus gegenwärtigem Bedürfnis. Museum
und Mausoleum verbindet nicht bloß die
phonetische Assoziation. Museen sind wie Erbbegräbnisse
von Kunstwerken‘ (Theodor W.
Adorno, Prismen). Kein Zweifel, Museum und
Totenkult sind eng miteinander verwandt, das
läßt sich nicht leugnen.
Wer für den (temporären) Blick in die Vergangenheit
plädiert, ihn als lebenswichtig und wertvoll
definiert, setzt sich natürlich der Kritik der
gegenwartssüchtigen, vergangenheitsfeindlichen
Mitmenschen aus. Das Museum erscheint ihm
als konservative Verteidigungsburg, als verdorbene
Büchse der Pandora.
Es ist ein Ziel dieses Buches, dem Begriff
‚Museum‘ die verfaulten, abgestorbenen Gedanken
auszureißen, die Fenster zu öffnen, die
Ausstellungsräume gründlich zu lüften und dem
musealen Ort eine lebenswichtige, gegenwartsbezogene,
historisch-futuristische, hoffnungsvolle
Bedeutung zu geben. Danach, beim Gang
durch die neuen Räume, wird der Skeptiker
staunen, vielleicht nicht zum Optimisten mutieren,
aber dennoch zugeben, daß er dem uralten
Medium soviel Kraft und Lebendigkeit nicht zugetraut
hätte.
Wie sieht dieses Global Museum nun aus
und was beinhaltet es? Schaal stellt sich das
neue Museum, das in Wirklichkeit aus mehreren
Gebäuden besteht, als Gedächtnis und Bewußtsein
der Welt vor. Hier wird das gesamte Wissen
der Welt gespeichert und gesammelt. Aus
allen Bereichen: Naturwissenschaften, Wirtschaft,
Finanzen, Geisteswissenschaften, Medizin,
Technik, Musik, Architektur und Kunst. Der
Ort dient als Versammlungsstätte und als Informationszentrum.
Hier wird die Geschichte in
ihren Entwicklungen dargestellt, der heutige Zustand
beschrieben und analysiert, und es werden
Strategien für die Zukunft aufgezeigt. Das
Global Museum ist alles in einem: Labor, Werkstatt,
Baustelle, Universität, Theater, Oper und
Mu-seum.
Hans Dieter Schaal ist Architekt und lebt in
Attenweiler bei Ulm und in Berlin. Er arbeitet
nicht nur in seinem angestammten Beruf, sondern
auch als Landschaftsgestalter, Bühnenbildner
und Ausstellungsgestalter. Seine Bühnenentwürfe
und Ausstellungsgestaltungen
gehören zum Besten, was zur Zeit auf diesem
Gebiet geboten wird.
- Veröffentlicht am Samstag 30. November 2024 von Edition Axel Menges
- ISBN: 9783936681147
- 192 Seiten
- Genre: Design, Hardcover, Innenarchitektur, Kunst, Softcover