Hans Kahle (1899–1947)

Der vergessene Kommandeur der Thälmann-Brigade

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In jüngster Zeit beklagten nicht nur die historische Forschung, sondern auch Schulen und Bildungsträger, dass die Generation der Spanienkämpfer nicht mehr persönlich Zeugnis über ihr Erleben ablegen könne. Das war in einem Moment konstatiert, als das Interesse an diesem Ereignis der Jahre 1936 bis 1939 wieder deutlich zunahm und innovative Forschungsansätze zu diesem Gegenstand mit neuen Fragen aufwarteten. Es ist ein umso mehr zu würdigender Glücksfall, dass nunmehr eine umfassende Studie zum Leben von Hans Kahle vorgelegt wird, der in diesem Geschehen eine herausragende Rolle spielte.
Hans Kahle, geboren im letzten Jahr des 19. Jahrhunderts, hatte bereits eine Achtung erregende politische Karriere als Kommunist hinter sich, als er 1936 von Paris aus nach Spanien aufbrach, um nach mancherlei Unterstützung von außerhalb selbst in den Internationalen Brigaden zu kämpfen. Legendär ist bis heute etwa seine Rolle als Kommandeur der XI. Internationalen Brigade, die Thälmanns Namen trug, und das Vermögen, selbst nach einer Verwundung vom Krankenbett aus dieser Funktion gerecht zu werden. 1938 kommandierte er zeitweilig die gesamte Ebro-Front und zählte damit zu den zentralen Akteuren im militärischen Ringen. Nach einer Internierung in Frankreich und zeitgleichem Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit 1939 erhielt er eine Einreiseerlaubnis nach England, wo er in den Folgejahren vor allem publizistisch tätig war. Mit Rückkehr in die Heimat 1946, in die nunmehrige sowjetische Besatzungszone, stellte er sich sofort in den Dienst einer antifaschistischen Neuordnung und wurde schließlich Chef der neu geschaffenen Volkspolizei in Mecklenburg-Vorpommern. Die angegriffene Gesundheit infolge der vorhergehenden entbehrungsreichen Stationen durchkreuzte schnell seine Pläne: Nach einer unumgänglichen, schwerwiegenden Operation gelang eine Genesung nicht mehr. Hans Kahle starb am 1. September 1947.
Ungeachtet einiger Aktivitäten während der Zeit der DDR verblasste der Name Hans Kahle schnell, was angesichts seiner herausgehobenen Rolle umsomehr verwundert. Es ist hier deshalb eine umso bemerkenswertere Neuerscheinung anzuzeigen, die künftighin zu den grundlegenden Arbeiten zählen wird, wenn es darum geht, das Geschehen des Spanischen Bürgerkrieges in den Blick zu nehmen. Neben den zahlreichen bislang unbekannten Quellen, die der Autor auswerten konnte, verdient auch der hier abgedruckte Illustrationsteil hohe Aufmerksamkeit, findet sich doch sonst kaum ein so reiches Bildmaterial von geschichtsträchtigen Ereignissen. Das Andenken an diesen diesen unerschrockenen Kämpfer für Freiheit und Gerechtigkeit wird zu seinem 70. Todestag auf eine neue Grundlage gestellt.