Harlekin im Spiegel

von

Träume sind laut Freud die „Königsstraße zum Unbewußten“, und somit ein fundamentaler Grundstein jeder psychologischen Analyse.
Freud erkannte aber auch, daß sich das Unbewußte noch zahlreicher anderer Ausdrucksformen bedient: So entstand die „Psychopathologie des Alltagslebens“ und die Arbeit über „Bildende Kunst und Literatur“.
Insbesondere ist es wohl das Gedicht, das seine Inhalte direkt aus dem Unbewußten schöpft, was schon durch die Tatsache bewiesen wird, wie hinderlich allzu große Bewußtheit seiner Entstehung ist.
Zwischen den Vorgängen, die zur Entstehung von Träumen führen und jenen, die im Gedicht erkennbar sind, bestehen zahlreiche Übereinstimmungen. Beiden gemeinsam ist zum Beispiel die Umsetzung von Gedanken in Bilder und die Verdichtung ganzer Gedankenketten zu einer einzigen Aussage. Genauso wie die Analyse der Träume muß also jene der Gedichte eines Autors über eine „Königsstraße“ direkt in die verborgene Welt des Unbewußten führen, jenem meist unbekannten Teil der Persönlichkeit, welcher aber die Quelle bedeutender Motivationen und grundlegender Handlungsweisen darstellt, ohne daß man sich dessen kaum jemals bewußte Rechenschaft ablegt.
Kein Autor, der um ein ganzseitiges Bild seiner Persönlichkeit ringt, um eine bewußte Erfassung seiner selbst, wird umhin können, sich intensiv mit der dunkeln Seite seines Lebens zu beschäftigen, sich der verleugnetsten Triebe und Gedanken Rechenschaft abzulegen, in der Tiefe des Unbewußten nach den verlorenen Erinnerungen zu forschen, bis zurück zur frühesten Kindheit, bis zurück zum Beginn seines Lebens.