Hamburg
Von Joachim Ringelnatz
Das Hafenleid – die Alsterdiamanten – Das sind für mich so fertige Begriffe,
Da fallen Zahlen um die großen Schiffe,
Wenn ich begönnert, aber mißverstanden zwischen den Reedern sitze an der Bar,
Die scheinbar nur um Whiskysoda knobeln.
Indessen denk ich immer vor den nobeln Kaufherren an mein schlecht gekämmtes Haar.
Dann die, die aus den Schiffen sich verstreuen: Unangenehme, plumpe Wunderlinge,
Sie schenken bluterlebte Wunderdinge und wollen nichts, als sich mit andern freuen.
Wie sie das erste beste runter gießen, so gierig wie die weißen Hafenraben – – –
Muß man den Schlüssel selbst erschmiedet haben, Um ihre seltnen Märchen zu erschließen.
Und alles kenn ich: Backbord, Luv und Lee,
Das „Rundstück warm“, die Segel und die Lichter,
Die hellen abgesalzenen Gesichter.
Fuhr ich vielleicht umsonst sechs Jahr zur See!
Hier bunte Ratsherrn flatternd um die Masten,
Dort steife Flaggen, die zur Börse hasten.
Und steife Grogs, Qualm, Tabak, Nebeldunst.
Du fragst nach Kunst? ach Hummel, Hummel – Kunst!
58 Hamburg-Gedichte
- Veröffentlicht am Dienstag 28. Oktober 1980 von Husum Druck- und Verlagsgesellschaft
- ISBN: 9783880420991
- 110 Seiten
- Genre: Anthologien, Belletristik