Herr Godeau

von

Dieser zweite der auf fünf Bände angelegten Auswahl aus dem Gesamtwerk Marcel Jouhandeaus gilt Herrn Godeau, der mythischen Gestalt, die der Autor als junger Mann von sich abgespalten hat. Herr Godeau ist eine der doppelgängerischen Rollen, eine der Masken Jouhandeaus, sein verwegenster Entwurf zur ‚Eroberung seiner selbst‘.
‚Monsieur Godeau Intime‘ lautet der Titel der 1926 erschienenen Auszeichnungen, die das Herzstück dieses Bandes ausmachen: ein vielflügeliges Altarwerk, das der Gottheit des ‚Ich‘ und ihrer Menschwerdung geweiht ist. Niedergeschrieben als ein Vermächtnis – das mit dem Tod des Helden endet –, lieferte dieses Buch seinem Schöpfer erst den Lebensgrund, auf dem er Fuß fassen und sein künftiges Werk errichten konnte. Sehr unscheinbar taucht dieser Herr Godeau zuerst in der Erzählung ‚Les Pincengrain‘ (1914) auf, als der Freund dreier Schwestern, die ihm wie Grazien oder Parzen zugestellt sind: Prisca, das Weltkind; Eliane, die unter dem Namen des Heiligen Antlitzes den Schleier nimmt; Véronique, die Geschäftsführerin der ‚Künstlerischen Wachswaren‘, die zuletzt in einsamer Größe sich neben Herrn Godeau behauptet. Mehr noch als dieses imaginäre Selbstporträt, das in lyrisch-dämonischer Ergriffenheit hinausgeträumt wird, besitzt Véronique Gestalt. In immer neuen Bildern und Szenen, in zahllosen Aussprüchen und Gesprächen erscheint sie als die leibgewordene ‚Freundschaft‘ und die Selbstverherrlichung des Dichters mündet in eine Apotheose ihrer Treue.