Als ob man in einen Mondstein hineinsähe
Der Zeitschnur Verlag hat nun, zehn Jahre nach dem ersten Erscheinen, die Gedicht-Sammlung „Nach Amdo“ von Rudolf Häfele noch einmal aufgelegt. Der alte Bestand wurde teilweise erweitert, teilweise reduziert. Wie die Erstveröffentlichung ist auch die zweite ein poetischer Reisebericht. Bereits der Band von 2010 enthielt Tuschzeichnungen vom Autor. Wir haben davon einige weggenommen und neue Bildmotive integriert, die auf inzwischen entstandenen Aquarellen und Linoldrucken Häfeles beruhen. Aus der alten Sammlung nahmen wir das Kapitel „Palästina“ heraus und setzten dem Kapitel „Nach Amdo“ noch weitere Texte hinzu. Der Reiseweg führt nun von zuhause nach Peking (China), dann nach Amdo (Westtibet), schließlich hoch in den Himalaya, verweilt dort einige Zeit, geht weiter nach Kaschmir (Indien) und zurück in die Heimat.
Die im Nachwort von 2010 bereits formulierten Gedanken gelten heute nach wie vor, auch wenn der Dalai Lama sich aus seinen politischen Ämtern zurückgezogen hat, die politische Lage in China sich verändert hat und nun auch die höchste Weltregion inzwischen — bei Bestand der alten Probleme — vermehrt unter dem Bann des enthemmten Globalismus steht und die Solidarität mit diesem Land sich seither in Luft aufgelöst hat.
Der Blick des Autors in die Welt erinnert an den Blick in einen transparenten Mondstein. Es liegt ein Glanz über den Dingen, der von weither kommt. Rudolf Häfele taucht tief ein in Räume hinter, unter, über oder „ in“ den Landschaften. Man weiß nicht: Kommen sie aus seinem Bewusstsein oder formen sie es erst? Er bringt sie in Sprache und trägt sie auf seinem Weg mit sich wie ein inneres Amulett. Alles manifestiert sich in gebrochenem Licht, in leuchtenden Farben und dann wieder völliger Transparenz. Finsternis, die ohne Zweifel wirken und herrschen will, wird in der kolorierenden Reflexion aufgelöst.
Es bleibt zu erwähnen, dass Rudolf Häfele mit seiner Poetikgruppe „WortRose“ seit 2010 zwei weitere Bändchen im Scribo Verlag in Steinenbronn veröffentlichen konnte. Es handelt sich um die Lyrik-anthologien „Europa: Bilder | Gedichte“ von 2012, herausgegeben von Götz Gußmann, und „Die Elemente. Gedichte“ von 2018. Beide Büchlein erschienen in der lyrischen „Kleinen Reihe“ des Verlags als Band 13 und Band 55.
Hanna Jüngling
Karlsruhe, im März 2020
- Veröffentlicht am Montag 23. März 2020 von Zeitschnur Verlag
- ISBN: 9783940764249
- 73 Seiten
- Genre: Belletristik, Lyrik