„Eigentlich können einem die Juden leidtun“, sagte ich im Badezimmer als Vierjähriger auf dem Nachttopf sitzend zu meiner älteren Schwester Uschi, die ihrerseits auf dem Klo saß. „Wir sind doch auch Juden!“, antwortete die.
Mit diesem Moment und einem deutlich empfundenen Schrecken beginnen die Erinnerungen von Max Karlemann, der 1927 in Breslau geboren wurde. Weil sein Vater Jude ist, gerät die Familie nach der Etablierung des nationalsozialistischen Regimes immer stärker unter Druck, bis sie auseinandergerissen wird: Der Vater muss 1939 nach Schanghai emigrieren, die Ehe der Eltern wird 1943 zwangsweise geschieden. Die Kinder- und Jugendjahre von Max sind geprägt von Verdächtigungen, Ausgrenzung und der Angst, als „Halbjude“ bloßgestellt und der NS-Vernichtungsmaschinerie ausgeliefert zu werden. Vor diesem Hintergrund lernt Max schon sehr früh, sich mit den Themen Recht und Unrecht, Freundschaft und Feindschaft, Solidarität und Verrat auseinanderzusetzen.
Berührend und in den tragischen Momenten immer auch humorvoll schildert der Autor, wie ihn das Hören von Musik alles Schreckliche und Ängstigende für Augenblicke vergessen ließ. Und wie er nach Kriegsende fast schon trotzig die ihm verwehrte Bildung als eine Form des Widerstandes gegen das NS-Regime aufholte. Die Erzählung von Max geht schließlich auch der Frage nach, welche Konsequenzen es hat, einen jüdischen Vater zu haben: von der Zeit des Nationalsozialismus über die bundesdeutsche Nachkriegszeit bis heute.
- Veröffentlicht am Freitag 14. September 2018 von Loeper Karlsruhe
- ISBN: 9783860593769
- 136 Seiten
- Genre: Autobiographien, Biographien, Geschichte, Sachbücher