In steter Freundschaft

Briefwechsel Leo Loewenthal und Siegfried Kracauer 1922-1966

von

Das 20. Jahrhundert ließ bürgerliches Leben in Weltkriegen, Inflation, Revolution und industriellem Massenmord versinken. Die Stetigkeit der bürgerlichen ‚Normalität‘, an der sich die Individuen bis dahin ausrichten konnten, wurde zerstört. Wo die äußere Kontinuität des Bürgerlichen vergangen ist, kann Stetigkeit nur noch von den Individuen gestiftet werden. ‚In steter Freundschaft‘, der Briefwechsel zwischen Leo Löwenthal und Siegfried Kracauer, ist ein Dokument des Aufbegehrens gegen den Verlust der Kontinuität. Er zeigt, wie zwei der bedeutendsten kritischen Intellektuellen des 20. Jahrhunderts angesichts der Katastrophen ihre Freundschaft im Gleichklang mit ihren geistigen Positionen entwickeln und bewahren konnten. Der hier erstmals publizierte Briefwechsel, der etwa 180 Briefe umfaßt, beginnt im Jahre 1922 und endet erst mit Kracauers Tod im Jahre 1966. Er zeigt nicht nur die Beständigkeit der Freundschaft von Löwenthal und Kracauer, sondern auch, wie kompliziert das Beziehungsgeflecht zwischen Löwenthal, Kracauer, Adorno, Benjamin und Bloch oft war. Löwenthals letzte umfassende Rede, gehalten auf einer Konferenz zu Ehren von Siegfried Kracauer, vervollständigt den Band.

‚Die Briefe verhelfen uns zu dem Privileg, Mithörer eines lebhaften und bewegten Gespräches zwischen zwei Menschen zu werden, die einer Lebensform huldigten, deren Abgesang Benjamin bereits vorher in ›Deutsche Menschen‹ beschrieben hatte – etwas voreilig, wie man im Lichte dieser Briefe meinen könnte.‘
Aus dem Vorwort von Martin Jay