Dieses Buch erzählt von den vielen Versuchen, das Erkennen zu erkennen, wie sie heute in unserer Kultur immer mehr an Bedeutung gewinnen – und »Bedeutung« meint hier keine Selektion durch ein vorgängig gewähltes Kriterium, sondern eben das, was die beteiligten Menschen selbst jeweils für wichtig und zentral erachten.
Es gehören also zu diesen Versuchen die Kognitionswissenschaften ebenso wie die meditativen Erkenntnistechniken. Und daß es in dieser Menge Gruppen gibt, die von den jeweils anderen rein gar nichts halten, daß darunter welche sind, die von der traditionell etablierten Erkenntnisform der westlichen Kultur gar nicht als solche anerkannt, sondern als bloßer illusionserzeugender Aberglaube disqualifiziert werden, und daß gerade der wissenschaftlichen Erkenntnismethode von Wissenschaftlern selbst vorgeworfen wird, ihre Überzeugung einer objektiven Erkenntnisleistung sei die tiefste aller abergläubischen Illusionen – all das und noch viel mehr der Widersprüche und Wunderlichkeiten wird hier erst einmal als Status quo akzeptiert und in der jeweiligen Eigenlogik analysiert werden müssen, bevor man sich daran machen kann, zu verstehen:
Es ist uns in unserer Kultur diese kognitive Grundlage unserer Existenz vor allem auch deshalb zu so etwas Fragwürdigem geworden, weil wir uns auch der Gültigkeit der anderen Lebengrundlagen nicht mehr sicher sein können. Und wenn heute die alten Fragen der Erkenntnistheorie immer mehr und in immer neuen Formen zu einer Sache des öffentlichen und persönlichen Engagements werden, dann auch vor allem auch deswegen, weil die Menschen erahnen, daß es in diesem Streit, was eine »richtige« Erkenntnis »der Wirklichkeit« und was nur eine, durch eine »falsche« Wahrnehmungsform erzeugte Illusion ist, immer auch und grundlegend um die Gestaltung unserer Lebensmöglichkeiten geht.
- Veröffentlicht am Montag 27. Oktober 1997 von Insel Verlag
- ISBN: 9783458338123
- 354 Seiten
- Genre: Belletristik, Essays, Feuilleton, Interviews, Literaturkritik