jana, vermacht

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Wie kann der sprachlichen Verweigerung der Kriegsgeneration begegnet werden – und wie dem Versäumnis der Enkelgeneration zu fragen: Wie war dir da? Denn es mangelt nicht an Fakten, doch fehlen die Empfindungen und Gedanken, die in der Familie weiter gereichten Erzählungen des Bruchs, den die Beteiligung an der industriellen Vernichtung von Menschen den eigenen Familienmitgliedern verursacht haben muss.

Anja Utlers jana, vermacht nähert sich dieser längst verhärteten und erkalteten Lücke in einem von der Dringlichkeit der Rede getriebenen poetischen Monolog. Zweigesichtig spricht er auf der einen Seite der verstorbenen Großmutter nach – also der traditionell Wissen vermachenden Generation –, folgt deren Rede in ihrem Ein- und Abbrechen. Auf der anderen Seite findet sich die jetzige, in ewiger Gegenwart gefangene Stimme.

Durch das gewaltsame Durchtrennen der Vergangenheiten aus den zeitlichen Verknüpfungen gefallen, endet sie ratlos in sich und ihrem Denken. Die Sprecherin hat zwar ihre Chance direkt zu fragen endgültig verpasst. Aber die Deformation der Sprache, die Gravitationsstrudel der Lücke, kann sie im Kreisen um durchlöcherte Anwesenheit noch ins Licht bringen.

„Selbst die Denker der Quantenmechanik hätten nicht vermuten wollen, dass sich Sprache in ihre Spektralfarben auflösen lässt. Diese Beweisführung ist Anja Utler mit großer Meisterschaft gelungen. Drum bergen ihre Texte auch keine Experimente, oder Versuchsanordnungen, sondern lassen die Evolution des Wortes aufleben, die Evaluation und Entwicklung dessen, was wir uns tagtäglich vor und für uns hin sprechen.“ (Uwe Dethier)

Utlers molekularisierter Sprach-Kosmos zeigt sich nicht nur im geschriebenen Wort, in der Komposition dieser Texte auf der beigelegten CD wird die gewaltige Versehrtheit der „vermachten“
Worte auch hörbar.