‚Auf des Messers Schneide ist gut ruhn‘, behauptet die Dichterin, und dergestalt unbequem sind die Gratwanderungen, die sie mit ihrem neuen Buch vollzieht. Wenn ein Text sich vor einem ausbreitet und dann mit einem ‚… oder auch nicht‘ endet, dann ist das wohl Unentschlossenheit bis zum äußersten, oder auch, anders betrachtet, ein Fall von Mehrperspektivigkeit, von Dialektik, von Drehen und Wenden. Sissi Tax gerät in ihren Erörterungen existenzieller Fragen grundsätzlich vom hundertsten ins tausendste und schreibt sich in Strudel und Wirbel hinein (‚was das alles in allem nun heißt, sei, da es leichter dahergesagt als vorgestellt ist, dahingestellt‘), dass dem Leser Sehen und Hören vergeht – je nachdem.
Gewiss ist das alles sehr witzig (‚was aber auch nicht lustig ist‘), andererseits sind die Prosastücke von Sissi Tax aber bewegend wie richtige Romane und (kein Widerspruch!) lapidar, gründlich und erschöpfend wie die Systematik von Wittgensteins Tractatus, ‚eine anatomie des sprachleibes aus fleisch und fürwort, blut und vorwort, mark und hilfsverb, bein und stein, haut und beiwort, haar und beistrich‘, sagt Sissi Tax.
Das Unübersetzbare, das Idiomatische, das Unverwechselbare jeder eigenen Sprache (in diesem Fall auch des Deutschen und des Österreichischen) hat es der Autorin angetan – und was ihr da angetan wurde, das zahlt sie der Literatur mit Sprachspiel und nie versiegendem Witz zurück.
- Veröffentlicht am Dienstag 5. November 2024 von Droschl, M
- ISBN: 9783854205715
- 68 Seiten
- Genre: Belletristik, Gegenwartsliteratur (ab 1945)