Jeden Tag was anderes

von

Fiktives Tagebuch.
Womit ist eine Achtundsechzigerin, die in einer Kleinstadt im Grenzland zu Österreich wohnt, im Alltag befasst?
Beruflich: mit dem Schreiben. Täglich. Mit Lesen. Ditto. Mit Lesungen. Monatlich ein- bis zweimal. Mit Schriftstellerinnen-Gruppen. Hin und wieder.
Privat: mit ihren Mitbewohnern. Mann und Hund. Täglich. Mit der Faltenbekämpfung. Ununterbrochen. Mit Brotbacken. Ab und zu. Mit dem Anti-Aging-Programm. Ach Gott.
Sozial: mit den Herkunftsfamilien und Freunden, digital und analog. Wenn es unvermeidbar ist.
Politisch: mit der anderen Merkel. Gern. Mit der Lokalpolitik. Täglich, aus einem Irrtum heraus. Mit Deutschland-, Europa- und Weltpolitik. Bei Auffälligkeiten.
In diesem Zusammenhang wirkt die 1968er-Prägung nach. Die Begeisterung für Willy Brand und Helmut Schmidt. Auch wenn beide im Buch nie erwähnt werden, weht deren Geist, na, irgendwie. Und der von Joska Fischer. Eine Identifikation mit Uschi Obermaier ist unerklärlicherweise ausgeblieben, diese Leerstelle wurde achtundsechzig oder etwas später durch Alice Schwarzer und Marlen Haushofer besetzt. Kommen beide im Buch ebenfalls nicht vor.
Astrologisch: mit außergewöhnlichen Konstellationen. Dreimal. Oder öfter. Wenn astronomisch mit astrologisch verwechselt wird.
Wieviel fiktiv ist an diesen täglichen Statements – vermutlich gar nichts. Es könnte nichts als die nackte Wahrheit sein. Oder reines Wunschdenken. Es lügen sich ja so viele in die eigene Tasche. Das kann die Tagebuchschreiberin auch. Was soll man da jetzt glauben?