Jerusalem oder über religiöse Macht und Judentum

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Moses Mendelssohn bekämpfte antijüdische Vorurteile, stellte dies aber in den Rahmen seiner aufklärerischen Forderung nach Toleranz und Menschenrechten für alle Menschen überhaupt. Freilich bedarf auch das Judentum einer Überprüfung seiner Prinzipien: Das religiöse Bannrecht muß aufgegeben werden.

Diese Thesen der Manasse-Vorrede von 1782 wurden im folgenden Jahr durch Jerusalem – der Titel ist ein Bekenntnis zum Judentum – rechtsphilosophisch begründet und durch eine Rekonstruktion des Wesens des Judentums ergänzt: Die jüdische Religion beruht nicht auf geoffenbarten übervernünftigen Wahrheitslehren, wie das im Christentum der Fall ist, sondern auf denjenigen ewigen Wahrheiten, die von der Vernunft jedes Menschen erkannt werden können. Diese allgemeine Menschenreligion darf und kann nicht auf irgendeiner besonderen Offenbarung beruhen. Mangels verpflichtender Glaubensartikel ist also das Judentum – im Unterschied zum Christentum – von vornherein auf Gewissensfreiheit ausgerichtet. Allerdings gehören zum Judentum seine spezifischen Geschichtswahrheiten und insbesondere seine ‚Zeremonialgesetze‘, die den Juden von Gott geoffenbart wurden und denen sie unverbrüchliche Treue erweisen müssen.

Die Einleitung des Herausgebers zeichnet den Gedankengang von „Jerusalem“ nach, geht auf zeitgenössische Reaktionen ein, weist auf die höchst kontroverse weitere Rezeptionsgeschichte hin und behandelt die wichtigsten neueren Forschungen.