Schuld ist Ausgangspunkt und zugleich Inhalt dieser konzeptionellen Bildserie – und, wenn man so will, auch dieses Stücks. Objektivierbar ist Schuld natu¨rlich nicht, und so wird sie hier konsequenterweise höchst individuell ausgedrückt, gelegentlich sogar nachvollziehbar. In manchen Gesellschaften ist es kaum möglich, bestimmte Emotionen zu zeigen oder zu äußern. Wir müssen der Künstlerin eine große Empathie und Hartnäckigkeit konstatieren, wenn sie immer wieder neue Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen u¨berzeugt, sich auf das intensive Rollenspiel einzulassen. Bei einem zweiten Treffen im Fotostudio schreiben diese sich dann vor einem Spiegel ihre Schuldgefu¨hle – je nach Hautfarbe – mit einem hellen oder dunklen Fettstift ins Gesicht. Mal ist es nur ein Wort, mal ein kurzer Satz, selten eine ganze Geschichte. Durch die jeweilige Muttersprache internationalisiert und verlebendigt Ji Hyun Kwon die Sequenz. Denn das Bildergebnis entlarvt letztlich etwas, was ansonsten wie unter einer Maske verborgen bleibt: Ängste und Schuldgefu¨hle in den tieferen Seelenschichten. (Matthias Harder)
- Veröffentlicht am Samstag 2. November 2024 von KEHRER Heidelberg
- ISBN: 9783868286427
- 168 Seiten
- Genre: Film, Fotografie, Hardcover, Kunst, Softcover, TV, Video