Jüdische Miniaturen

Herausgegeben von Hermann Simon

von

„Sozialliberal“ war seine Devise, und so lebte und wirkte Ignaz Jastrow (1856 – 1937) als kritischer Bürger und Patriot, als Historiker, Staatswissenschaftler, Nationalökonom, Verwaltungsfachmann, Jurist sowie als fortschrittlicher Sozialpolitiker.
Am 13. September 1856 in Nakel (heute Naklo nad Notecia/Polen) geboren, studierte Jastrow Geschichte und Philosophie in Breslau und Berlin und promovierte „Zur strafrechtlichen Stellung der Sklaven bei Deutschen und Angelsachsen“. Ab 1885 lehrte er als Privatdozent und ab 1905 als unbesoldeter außerordentlicher Professor. Trotz seiner Verdienste wurde er aus politischen Gründen und als Jude bis zum Ende des Kaiserreiches nicht zum ordentlichen Professor berufen. Jastrow legte Missstände und antidemokratische Maßnahmen in Staat und Gesellschaft offen und nahm dabei bewusst persönliche Nachteile, sogar Straf- und Disziplinarverfahren in Kauf. Er förderte die Emanzipation der Frau und prägte als anerkannter Pädagoge über fünf Jahrzehnte den wissenschaftlichen Nachwuchs Deutschlands. In Charlottenburg fungierte er als Stadtverordneter, Stadtrat und Bürgerdeputierter. Jastrow war zudem Begründer, Herausgeber sowie Redakteur zahlreicher renommierter Fachzeitschriften. Von besonderer Bedeutung sind bis heute seine Vorarbeiten zur Arbeitsmarktbeobachtung und -politik.