Berlin, Mai 1919: Alles andere als eine Situation, in der man, wie man heute sagt, ein ’start up‘ wagen würde. Aber Benedict Lachmann – jüdischer Anarchist, Autor, Verleger und Buchhändler wagt es: Er gründet den ‚Buchladen Bayerischer Platz‘.
Lachmann, ein Vertreter des ‚individualistischen Anarchismus‘, der jede Art von politischer Organisation und Gewalt ablehnt, nutzt mit seinen Veröffentlichungen, Zeitschriften und mit einer eigenen Buchhandlung die in der neuen Verfassung festgelegte Pressefreiheit. Gleichzeitig hat er literarische Interessen, besucht die Treffpunkte der jungen Literaten, der neuen Literatur – und fördert diese in seinem Buchladen. Der wird schnell zu einem Treffpunkt, der Bayerische Platz ist eine ideale Umgebung für das anspruchsvolle Unterfangen – Albert Einstein, Curt Riess, Paul Marcus und andere Prominente wohnen in direkter Nähe.
Nach 1933 wird alles anders – als jüdischem Buchhändler wird ihm vom NS-Staat und von dem ‚Börsenverein des Deutschen Buchhandels‘ bzw. dessen gleichgeschalteter Nachfolgeorganisation ein Stein nach dem anderen in den Weg gelegt – bis er 1937 endgültig aufgeben muss und sein langjähriger Mitarbeiter Behr den Laden übernimmt.
Lachmann schreibt noch, darf aber nicht veröffentlichen. Im Oktober 1941 wird er mit einem der ersten Transporte ins Ghetto Lodz gebracht, wo er sechs Wochen später zu Tode kommt.
Der Buchladen übersteht Krieg, Nachkriegszeit und Teilung der Stadt, 1975 kommt eine junge Buchhändlerin und kauft den Laden, der unter ihrer ambitionierten Regie bis heute existiert – auch wieder, wie bei Lachmann, ein Treffpunkt für literarisch und politisch Interessierte.
- Veröffentlicht am Mittwoch 26. August 2015 von Transit
- ISBN: 9783887473259
- 160 Seiten
- Genre: Autobiographien, Biographien, Geschichte, Sachbücher