Kriegslokomotive K52

Technisches Portrait einer tausendfach produzierten Dampflokomotive

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Nur wenige Eisenbahnfreunde werden die vor mehr als siebzig Jahren tausendfach produzierten Lokomotiven der Baureihe 52 im regulären Betrieb im westlichen Teil Deutschlands erlebt haben. Erst Ende der siebziger und in den achtziger Jahren konnte mit ihnen vermehrt bei der mitteldeutschen Reichsbahn oder im östlichen und im südöstlichen Europa Bekanntschaft geschlossen werden. Nicht nur die hohe Anzahl der gefertigten Maschinen und ihr Verbreitungsgrad imponieren heute noch – ebenso interessant stellt sich die Entwicklungsgeschichte dieser Baureihe dar: Als einen entscheidenden Einschnitt im deutschen Lokomotivbau sollten sich die angesichts des Krieges an die Konstruktion gestellten Forderungen erweisen. Und möglicherweise war es in der Entwurfsphase für die Planer auch eine Herausforderung, unter den gegebenen Umständen die damals gängigen Konstruktionsprinzipien zu überdenken, teilweise mit diesen zu brechen, neue Wege einzuschlagen, oder auf Altbewährtes zurückzugreifen.
Im Sommer 1942, also erst mitten im Zweiten Weltkrieg, entstand die 52 001 als Baumuster bei den Borsig Lokomotiv-Werken. Gleichzeitig stellte sie die erste
Vertreterin einer nach einem besonderen Typenprogramm auch als Kriegsdampflok 1 (KDL 1) bezeichneten Dampflokbaureihe dar. Bereits der Name dieser Baureihe verursacht Unbehagen. Vielleicht auch deshalb war dieses Thema in der Vergangenheit nicht unumstritten. Aber würde man es sich nicht zu einfach machen, mit dem Begriff der „Kriegslokomotive“ wie selbstverständlich nur alle schrecklichen Ereignisse dieses Krieges zu verbinden? Schließlich führten die Lokomotiven kein Eigenleben und nicht nur von der Kriegslokomotive wurden die Transportleistungen jener Zeit erbracht. In dieser Beziehung dürfte die Entscheidung schwierig werden, welcher Lokomotive man sich heute überhaupt erfreuen kann. Erinnerungen an Zerstörung, Leid, Vernichtung, aber auch an Rettung von Menschenleben und die Aufbauleistung der Nachkriegszeit lagen – wie die Geschichte zeigte – im Zusammenhang mit der Nennung des Namens dieser Lokomotive nahe beieinander.
Jeder Versuch, ein abgerundetes Portrait dieser Maschinen zu zeichnen, ohne die 1939, also wenige Jahre zuvor, in Dienst gestellte und im westlichen Teil Deutschlands weitaus bekanntere Baureihe 50 zu erwähnen, muß zwangsläufig unvollständig sein: Zu eng waren die Verknüpfungen beim Entwurf und der Fertigung dieser beiden Baureihen, aber auch bei den späteren Überlegungen zu deren Leistungssteigerung durch Rekonstruktion und Weiterentwicklung im Rahmen der Neubauprogramme in der Nachkriegszeit beider deutschen Bahnverwaltungen. Dieser Umstand ermöglicht auf einmalige Weise einen Streifzug durch die Konstruktionsgeschichte des Lokomotivbaus und soll deshalb Grund genug sein, neben der Beschreibung der Reihe 52 auch den Werdegang der Baureihe 50 in ihren wesentlichen Stadien Revue passieren zu lassen.