La Tosa – Bilderbuch für Bruna

von

Bruna ist alt geworden. Sie sitzt in ihrer Stube auf dem alten Stuhl am leeren Tisch, allein. Alles ist wie immer am Abend des 2. Mai 1995.Als ginge sie ein letztes Mal durch einen Gemäldesaal, wo die Bilder ihres Lebens hängen – Momentaufnahmen, auf Leinwand gebannt, gerahmt und unveränderlich – schaut Bruna zurück. Wie sie vor Jahren ihrer Tochter – als diese noch Kind war – in der Nacht, wenn die anderen schliefen, die Szenen aus der eigenen Kindheit schilderte, immer gleich, beschwört sie ein letztes Mal die Bilder ihrer Kindertage herauf, als läge die Tochter wie damals in ihrem Bett, als wäre sie noch einmal ganz Ohr. Bruna rechtfertigt in einem inneren Monolog ihre Ziele, ihre Wünsche, ihre Träume und ihre Lebenslügen und nimmt dabei vom Leben Abschied. In diesen Szenen aus der Kindheit tauchen am Rande prominente Frauengestalten jener Jahre auf: sie erscheinen in persona, als Schemen aus der Gerüchteküche oder als Schulstoff, manchmal mit, manchmal ohne Namen. Es sind die Kurzbiographien von Ida Hofmann (Feministin und Mitbegründerin des Monte Verità), Lotte Hattemer (Gottesanbeterin und Mitbegründerin des Monte Verità), Gräfin Franziska zu Reventlow (Schriftstellerin), Marianne Baronin von Werefkin (Malerin), Charlotte Bara (Tänzerin).