Hin- und hergerissen wird man beim Lesen dieser Gedichte, so gegensätzlich ist die Zeit, in der wir leben. Der Rhythmus wird vom Smartphone diktiert, Leid durch Antidepressiva oder andere Pillen hurtig betäubt. So viele Lebensbereiche sind reguliert und reglementiert – ausgeübte Bio-Macht im Foucault’schen Sinne –, wie soll man sich als einsam Denkende positionieren? Früher gab es Puzzles statt iPhone, aber andererseits: Die friedlich analog spielenden Kinder waren auch Insekten- und Geschwisterquäler. Kein Anlass für Nostalgie also, wo es in der heilen Welt der Kinderkassetten auch so etwas wie Tschernobyl gab.
Sehnsucht, Macht und Schuld ziehen sich als rote Fäden durch Sophie Reyers Gedichte, die als Beobachterin und Teilnehmende nicht anklagt, Erinnerung und Zustandsbeschreibung in eindrucksvolle Bilder fasst, selbst ratlos ist, aber mutig genug, die großen Fragen, die sich nicht verändern, zu stellen.
- Veröffentlicht am Montag 11. März 2019 von Limbus Verlag
- ISBN: 9783990391440
- 96 Seiten
- Genre: Belletristik, Lyrik