Literatur aus Siebenbürgen

Gesammelt und bearbeitet von Anneliese Thudt und Gisela Richter

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Könnt ihr, liebe Kinder, euch vorstellen, dass sich die Menschen früher nicht Abend für Abend vor den Fernseher gesetzt haben, sondern sich in der Rockenstube trafen, nicht nur zum Spinnen, sondern auch um sich zu unterhalten, zu singen oder Märchen zu erzählen? Oft geschah das auch nur im engeren Familienkreise.

Diese Zeit ist noch nicht so lange vorbei.

Noch vor 20 oder 30  Jahren wurden in den siebenbürgisch-sächsischen Dörfern bis dahin nicht veröffentlichte Märchen gesammelt. Anneliese Thudt und Gisela Richter haben die Märchen aus diesem Buch in den 60er Jahren vor allem in nordsiebenbürgischen Dörfern in der Umgebung von Bistritz gehört. Sie haben sie aus der sächsischen Ortsmundart ins Deutsche übertragen und zuerst 1971 im Kriterion-Verlag in Bukarest veröffentlicht.

Manche Geschichten haben ihnen Großmütter und Großväter erzählt, die sie wiederum von ihren Großmüttern und Großvätern gehört hatten. Die Märchen haben sich also immer von Mund zu Mund fortvererbt. Andere Geschichten hatten Männer von ihren Kameraden in den Kasernen gehört. Da hat wohl der eine oder der andere mal auch ein paar Märchen tüchtig durcheinandergebracht. Bei manchen Märchen meint man, einzelne Gestalten oder Begebenheiten bereits zu kennen, vielleicht aus Büchern von den Brüdern Grimm oder von Josef Haltrich, der ebenfalls siebenbürgisch-sächsische Märchen gesammelt und aufgeschrieben hat, oder aus rumänischen oder ungarischen Volksmärchen. Aber so ist das in
Siebenbürgen: Der Märchenschatz ist ein Gemeingut aller dort lebenden Völkerschaften.

Vielleicht versucht ihr selbst einmal, euch bei einem Ausflug in der Berghütte oder im Ferienlager mit einem Märchenabend zu vergnügen. Dieses Buch kann euch dafür Anregungen geben. Sowohl das Erzählen von
Geschichten als auch das aufmerksame Zuhören kann Freude bereiten.

Versucht es mal.

Viel Spaß!