1911 erschien Reinhold Lewins Buch mit dem Untertitel „Ein Beitrag zur Geschichte der Juden in Deutschland während des Reformationszeitalters“. Darin setzte sich der angehende Rabbiner mit Luthers wechselnder Haltung zu den Juden auseinander. Sein Fazit lautet: „Wir geben knapp in wenigen Sätzen das Resultat unserer Untersuchung über Luthers Stellung zu den Juden: Nach einer Periode der Gleichgültigkeit, in der Luther den Juden ohne ein praktisches Interesse gegenübersteht, glaubt er sich, angeregt durch den Wormser Besuch, zu der Hoffnung berechtigt, daß sich die Juden unschwer seinem neuen Evangelium anschließen würden. Der Missionsschrift, die er alsbald in die Welt hinaussendet, bleibt der erwartete Erfolg versagt; persönliche Erfahrungen trüber Art öffnen ihm vollends die Augen. Als er gar wahrzunehmen glaubt, daß die Juden zugunsten ihrer Religion gegen das Christentum agitieren, erklärt er ihnen den Krieg bis aufs Messer und schleudert gegen sie zwei Schriften, die ihm ein fanatischer Glaubenseifer diktiert. Die Saat des Judenhasses, die er darin ausstreut, schießt zwar zu seinen Lebzeiten nur verkümmert empor. Sie geht aber darum nicht spurlos verloren, sondern wirkt noch lange durch die Jahrhunderte fort; wer immer aus irgendwelchen Motiven gegen die Juden schreibt, glaubt das Recht zu besitzen, triumphierend auf Luther zu verweisen.“
Der von Karsten Krampitz neu herausgegebene Text ist ein wichtiges Dokument für die Debatte um den Reformator im „Luther-Jahr“.
- Veröffentlicht am Freitag 25. Oktober 2024 von Alibri
- ISBN: 9783865692795
- 182 Seiten
- Genre: Philosophie, RELIGION, Sachbücher