Madonna revidiert

Rekursivität im Videoclip

von

Ein charakteristisches Merkmal des Videoclips sind Rückgriffe auf bereits Vorhandenes. Am Beispiel der Musikvideos von Madonna gibt Matthias Weiß erstmals Aufschluss über den Einsatz von Anspielungen und Zitaten und die künstlerischen Strategien, die sich dahinter verbergen.
Madonnas Videoclips sind nicht nur kommerziell äußerst erfolgreich, sondern bieten auch in konzeptioneller Hinsicht reiches Anschauungsmaterial. Die Untersuchung zeigt, wie vielgestaltig die Rückbezüge sind, wie kompliziert sie in das jeweilige Gefüge aus Musik, Bild und intoniertem Text eingebunden werden und welche Aussagepotentiale in ihnen enthalten sind. Sie erweisen sich als ein differenziertes Miteinander aus Übernahme und Manipulation und haben Bedeutungsverschiebungen oder gar Bedeutungsverkehrungen zur Folge. So widersetzt sich z. B. die als Lilith identifizierbare Frauengestalt aus Madonnas Video „Frozen“ ihrer jahrhundertealten Dämonisierung durch die Männer. Die in „Bedtime Story“ heraufbeschworene Bildwelt setzt dem frauenfeindlichen Erkenntnismodell des russischen Filmemachers Andrei Tarkovsky ein weibliches Wissen entgegen. Und die Hauptfigur aus „Papa Don’t Preach“ verhält sich komplementär zu der von Jean Seberg gespielten Patricia aus Jean-Luc Godards „Außer Atem“.

Das Ergebnis bietet der Leserin klar und prägnant formulierte, gut strukturierte und sehr detaillierte Analysen, die sich Madonnas Videos unter dem Gesichtspunkt der Aneignung nähern.
[Änne Söll, in: sehepunkte 8 (2088), Nr. 3]