manchmal das – Kurzgeschichten und Gedichte

von

Meine ersten, ernst zu nehmenden
Klangerlebnisse waren
Geräusche der Natur: das
Rauschen eines Bachlaufes oder
das Rascheln der Blätter, durch
die der Wind strich, das entfernte
Krähen eines Hahnes, das
Trommeln der Regentropfen, ja
manchmal auch das zarte
Summen der Nebel, die im Herbst
über den Feldern standen.
Der Klang der alten Rathaus –
glocke, wenn sie die Stunden
schlug, war jedes Mal ein besonderes
Ereignis. Sie schlug einmal
für die Viertelstunde, zweimal für
die halbe Stunde und so weiter.
Besondere Freude machten mir
die vollen Stunden um zwölf Uhr
am Mittag, und falls ich noch
wach war, um Mitternacht. Da
schlug die Glocke besonders
lange, für mich waren es kleine
Konzerte, die meinen Kinder –
alltag in klingende Kulissen
verwandelten. Wenn ich heute
diese Glocke höre, klingt ihr Ton
schräg. Aber es ist ein schöner, ein
schräger Ton, den ich mir sehr gut
in einem Konzert von John Cage
vorstellen könnte.—————
Rüdiger Heins ist Dozent für kreatives und literarisches Schreiben.
Er schreibt Sachbücher, Romane, Theaterstücke
und führt Regie. Er ist Mitherausgeber
des Literatur und Kunstmagazins eXperimenta.
Für seine schriftstellerische
Arbeit erhielt er Preise und
Stipendien, so den Heinrich
Vetter Literaturpreis.