Welches Motiv?
What you see is what you get – das stimmt so im digitalen Zeitalter schon lange nicht mehr. Wenn Martin Zellerhoff (*1964) eine seiner analogen Fotografien am Rechner bearbeitet und ihr unbearbeitete analoge Bilder zur Seite stellt, erzeugt er geringfügige Störungen, mit denen er bei den Betrachtern unmittelbar ein vergleichendes Erinnern auf den Plan ruft. Der Berliner Fotograf, der über ein Jahrzehnt als Assistent für Thomas Struth arbeitete und von 2007 bis 2010 für die künstlerische Produktion von Christopher Williams verantwortlich zeichnete, möchte mit künstlerischen Mitteln genau das bewerkstelligen, was die digitalen Bildmaschinen nicht zu gewährleisten vermögen: eine dialogische Struktur. So haben die medialen Apparate ein diskursives Monopol ausgebildet, eine Wand der Medien, wie Vilém Flusser das nennt. Das Medium zu durchdringen, bleibt dem vorbehalten, der die feine Trennlinie zwischen Bild und Kunst überschreiten, die Mechanismen kultureller Wertzuschreibungen infrage stellen, in seiner Arbeit zwischen Konzeptualität und Handwerklichkeit, fototechnischer Könnerschaft und künstlerischer Fertigkeit unterscheiden kann. Das Buch funktioniert, so Martin Zellerhoff, »wie meine Ausstellungen«, indem es durch die Verwendung von Ausklappern, Sichtachsen und Leerstellen zur Simultanbetrachtung der Bilder in unterschiedlichen Reihenfolgen anregt.