Meine Freundschaften

von

Mit diesem fünften Band liegt nun die seit 1964 erscheinende, von Friedhelm Kemp herausgegebene und übersetzte deutsche Ausgabe der Gesammelten Werke Marcel Jouhandeaus geschlossen vor. Jeder Einzelband umfaßt jeweils eine zum Zyklus geordnete Folge kleinerer oder umfangreicherer Veröffentlichungen, auch ausgewählte Stücke und ein selbstständiges Nachwort. Das ganze Unternehmen ist der Versuch, diesen großen Autor zwar in perspektivischer Verkürzung, doch in der ganzen Vielfalt und Buntheit seiner seit über fünfzig Jahren erschienenen Schriften vorzustellen. Marcel Jouhandeaus Werk ist eine einzige ununterbrochene Autobiographie und Konfession des heute 88jährigen Erzählers. Seine Freundschaften, seine Liebschaften mit jungen Männern, seine gegen diese Liebesfreundschaften geschlossene und bis zuletzt durchgehaltene Ehe mit Elise, einer ehemaligen Tänzerin, nehmen darin den breitesten Raum ein. Das Thema der Homosexualität bleibt jedoch in seinen Büchern bis in die Mitte der dreißiger Jahre nur angedeutet. 1935 und 1939 erscheinen die beiden Traktate, die den ersten Teil dieses Bandes bilden: ‚Erotologie‘ und ‚Von der Verworfenheit‘, beide Himmel- und Höllenfahrten in einem. Trotz des hohen moralischen, ja mystischen Ernstes, mit dem Jouhandeaus Ehe geschlossen und anfangs geführt wurde, tragen die ‚Dämonen‘ doch zuletzt den Sieg davon: die Chronik der Leidenschaft für Jacques, den Maler, erzählt Elises Niederlage, als es ihr mißlingt, den verhaßten Liebling zu töten. Den Abschluß bildet ein erotisches Brevier und Vademecum: das ‚Lob der Wollust‘, Reflexionen und Maximen einer homosexuellen Don Juan.
Man kann diese Bekenntnisse unter sehr verschiedenen Aspekten lesen: als einen Akt der Befreiung, der Selbstfindung, als Apologie, als eine Ars Amatoria, als eine private chronique scandaleuse. Mehr noch als alles dieses sind der Niederschlag einer lebenslang geübten, bis zur Virtuosität gesteigerten Kunst, in jeder, auch der unmöglichsten Lage eine Schwebe des Gleichgewichts zu gewinnen, die einen nicht nur hält, sondern immer wieder hinaufträgt.