Michele Magone Francesco Besucco

Zwei vorbildliche Zöglinge des heiligen Johannes Bosco (1815-1888)

von

Aus dem 1. Kapitel
Es war an einem Herbstabend. Ich kehrte von Sommariva am Walde heim. In Carmagnola angekommen, mußte ich auf den Eisenbahnzug, der mich nach Turin bringen sollte, eine Stunde warten. Die Uhr schlug bereits sieben. Der Himmel war überzogen und der dichte Nebel löste sich in einen Sprühregen auf. Es trat eine solche Dunkelheit ein, daß man einen Menschen auf wenige Schritte nicht mehr erkannte. Das schwache Licht aus den Fenstern der Station beleuchtete die nächste Umgebung nur spärlich. Vor dem Bahnhofsgebäude tummelte sich lärmend und schreiend eine Schar halberwachsener Jungen.
Die Rufe: ‚Stehen bleiben! Lauf –, lauf?–! Pack – ihn!‘ hallten durcheinander und lenkten die Aufmerksamkeit der Fahrgäste auf diese Gruppe.
Unter dem wirren Geschrei hob sich eine Stimme, die alle anderen übertönte, besonders ab. Es schien, als ob sie aus dem Munde eines Befehlshabers käme und das um so mehr, als die Befehle auch befolgt wurden. In mir regte sich sofort der Wunsch, den Jungen kennen zu lernen, dessen Anordnungen sich jene wilde Schar willig fügte. Ich lenkte meine Schritte auf die Gruppe, in deren Mitte der Kommandant stand, springe mit zwei Sätzen auf dieselbe zu und stehe im nächsten Augenblick mitten in der Schar. Alles lief erschrocken auseinander; nur ein einziger blieb stehen: der Anführer.
Er stemmte die Arme in die Hüften, trat einen Schritt vor und begann, während seine Miene einen gebieterischen Ausdruck nahm, mit mir zu reden: ‚Wer sind Sie, daß Sie unser Spiel zu stören sich erlauben?‘
‚Ich bin einer von deinen Freunden.‘
‚Was wollen Sie hier unter uns?‘
‚Ich will mich, wenn es euch recht ist, mit euch unterhalten und herumtummeln.‘
‚Aber wer sind Sie? Ich kenne Sie nicht!‘
‚Ich habe es dir schon gesagt, daß ich dein Freund bin. Ich will mich mit dir und deinen Genossen ein wenig unterhalten. Nun aber sage mir, wer du bist.‘
‚Ich? Wer ich bin? Ich bin‘, antwortete der Junge mit ernster Miene und lauter Stimme, ‚ich bin Michael Magone, der Anführer des Spieles.‘
Während dieser Unterredung kamen die Spielgenossen, die bei meinem plötzlichen Erscheinen davongelaufen waren, einer nach dem anderen zurück und sammelten sich im Umkreise um uns. Ich redete bald diesen bald jenen an und wandte mich hierauf wieder zu Magone mit den Worten: ‚Wie alt bist du, mein lieber Magone?‘
‚Dreizehn Jahre.‘
‚Gehst du wohl schon beichten?‘
‚Jawohl!‘ erwiderte er lachend.
‚Hast du auch schon die erste heilige Kommunion empfangen?‘
‚Gewiß, ich war auch schon bei der Kommunion.‘
‚Lernst du ein Handwerk?‘
‚Jawohl, das Faulenzen.‘