Morelli verschwindet

von

Sich aus dem Staub machen. Frantz Morelli stürzt seine Matratze aus dem Fenster, zusammen mit Bündeln alter Manuskripte: biographische Skizzen, Wutausbrüche, Verwünschungen. Wer, fragt er, schüttet Treibstoff in die Watte, mit der die Wortführer auf der anderen Seite sich umgeben? Wer zündet sie an? Wer sorgt dafür, daß sie verschwinden?

Ungeschrieben bleibt die Autobiographie, für die ihm ein gewisser Gregor Hellmann, ein Barpianist, dreitausend als Anzahlung bezahlt hat. Ungeschrieben, denn Morelli ist nicht mehr erreichbar. Hellmann klappert die Adressen ab, die ihm der betrügerische Ghostwriter in Form eines bis auf Einträge unter dem Buchstaben K ruinierten Telefonregisters hinterließ – Kaminski, Krohn, Kugelmann, Knallhardt, Korn, Klostermann, Krämer, Kálmán –, und hört sich Geschichten an, aus denen sich das Porträt eines Aufschneiders und Phantasten zusammensetzen ließe. Aber Morellis derzeitige Adresse? Fehlanzeige.

Der unauffindbare Ghostwriter Morelli liefert nicht, sorgt aber dafür, daß der getäuschte Auftraggeber die Qualitäten eines freundlichen Geistes zu schätzen weiß. Dieser qualifiziert sich nicht nur als ferner Zauberer, sondern erweist sich als subtiler Kenner der Löschtaste. Alles bloß phantasiert?