Der Groschenroman hat seine ganz besondere Geschichte. Fast jeder von uns hat sie als schnelle Lektüre genutzt. Ob Western oder Science-Fiction, immer war er die schnelle Lektüre. Im Zeitalter einer zerbrechenden Lesekultur hat auch die Bedeutung des Groschenromans abgenommen. Frauke Tuttlies hat mit ihrem Portrait über Bernd Seitz hier neue Wege beschritten. Anspruchsvolle Literatur in der typischen Manier der Autorin verfasst, in der preiswerten Heft-Ausgabe des Groschenromans veröffentlicht. Dazu noch ein besonderes Cover, gestaltet von Manfred Sukrow
VATER
Ich dachte, das kann nicht sein, dass ich arm bin,
hier läuft `n Film.
Mein Alter sprach zig Sprachen,
war überall auf der Welt,
wenn du mit dem irgendwohin gingst,
dann hielt der `ne ganze Kneipe frei,
`nen ganzes Restaurant.
Der hat viel Geld verdient für damalige Verhältnisse.
Er war Schiffssteward, das hab ich von ihm,
diese Sehnsucht nach dem Meer.
In meiner Vorstellung
riecht mein Vater immer nach Salz, nach Algen,
so `n sentimentaler Quatsch,
wahrscheinlich stank der nach Alk,
so wie der gesoffen hat.
Aber er sah gut aus. Immer gepflegt.
Der hatte Klamotten an, das glaubst du nich`.
Mein Vater lief mit weißen Anzügen in Hamburg rum,
der hatte Melone, der hatte Nadelstreifen,
das hatte keiner.
Deshalb hab` ich gedacht, der verarscht mich nur.
Der will einfach wissen, ob ich damit klarkomme,
in Wirklichkeit ist das ein Prinz,
und eines Tages kommt der rein und sagt,
Bernd, du hast die Prüfung bestanden, so,
und jetzt fahren wir mal nach Hause,
- Veröffentlicht am Montag 10. August 2009 von Geest-Verlag
- ISBN: 9783866851986
- 32 Seiten
- Genre: Belletristik, Erzählende Literatur