Nachrichten vom Vesuv

Briefe, Blitze, Lästereien

von

Vor seinem Witz sind alle gleich. „Ich will sein, was ich bin. Ich will reden, wie mir’s beliebt, und wenn man mich nur kauft, so verlangen ich und mein Buchhändler nicht mehr.“ Ein Zwerg an Gestalt und an Geist ein Riese, „ein Plato mit dem Feuer und den Gebärden eines Harlekin“ (Melchior Grimm), „ein frecher, freier Geist. einer der tiefsten, scharfsichtigsten und zugleich schmutzigsten Menschen seines Jahrhunderts“ (Nietzsche), an allem interessiert und nie langweilig – all dies ist Ferdinando Galiani (1728-1787). In seinen unnachahmlichen eigenen Worten: „So bin ich nun einmal: Zwei verschiedene Menschen, die in einem zusammengeknetet sind, und doch nicht einmal den Platz eines einzigen ausfüllen.“ Nichts Menschliches war ihm fremd, vor seinen Witzen waren alle gleich. Als Zweiundzwanzigjähriger schrieb das verwachsene Genie den Klassiker Über das Geld, den auch Karl Marx sehr schätzte, später
einen Skandalerfolg mit seinen Dialogen über den Getreidehandel und die Regierungskunst, „eins der besten, lehrreichsten, und zugleich witzigsten und unterhaltendsten Bücher, das seit hundert Jahren zum Vorschein gekommen ist“ (C. M. Wieland).
In Paris war er als neapolitanischer Gesandtschaftssekretär mit den Enzyklopädisten befreundet, hielt einen Affen, empfing Besucher bis in die Mittagszeit am Bett. Er ließ das Trommelfeuer seiner Witze auf die Tischgesellschaften der Salons herabregnen und glühte vor Vergnügen, wenn die Tafelrunde in brüllendes Gelächter ausbrach. Doch sein Höhenf lug wurde jäh unterbrochen: Nach einem diplomatischen Unfall wurde er aus Paris verwiesen. Doch Galianis Unglück wurde zum Glücksfall für die Literaturgeschichte: Sein Briefwechsel mit den Pariser Freunden ist nicht nur ein kulturhistorisches Dokument, er ist ein Bündel an Witz, Esprit, tiefen Gedanken und tollem Unsinn. Die vorliegende Auswahl aus Briefen und Schriften stellt
Galiani als glanzvollen Stilisten, genialischen Denker, melancholischen Grübler und witzigen Alleinunterhalter in all seinemGlanz und all seiner Erbärmlichkeit vor.