Die gesamte Berliner S-Bahn gehörte nach dem Krieg der DDR-Reichsbahn – wer in den Westsektoren in sie einstieg, fuhr ein Stück real existierenden Sozialismus. Viele Westberliner stiegen auf andere Verkehrsmittel um, insbesondere seit dem Mauerbau und als Folge eines Boykottaufrufs. Die Gleisanlagen waren dem langsamen Verfall preisgegeben, zahlreiche Bahnhöfe wurden stillgelegt und fielen in einen Dornröschenschlaf.
Um 1970 fotografierte Renate von Mangoldt viele solcher Stationen in Westberlin, und 1981 machte sie sich erneut auf, um die einst (und heute wieder) so belebten S-Bahnhöfe in ihrem Verschwinden festzuhalten. In diesen nostalgisch, ja poetisch wirkenden Bildern steckt beim näheren Betrachten die Zeit und Stimmung des Kalten Kriegs wie in einer Nussschale.
Renate von Mangoldt, geboren 1940 in Berlin, zählt zu den großen Porträtfotografen in Deutschland. Ihre Schwarzweiß-Aufnahmen von Schriftstellerinnen und Schriftstellern gehören zum visuellen Gedächtnis in der Welt der Literatur. Ihr Name ist eng mit dem Literarischen Colloquium Berlin (LCB) verbunden, für das sie seit den sechziger Jahren fotografiert.