Im Alltag bleibt „der Neoliberalismus“ häufig unsichtbar; sowohl Umfang und Ausmaß des neoliberalen Herrschaftssystems als auch dessen konkrete gesellschaftliche Auswirkungen sind, oft jedenfalls, nur schwer einschätzbar. Systemerhaltende Macht ist in neoliberalen Systemen meist nicht (offen) repressiv, sondern seduktiv organisiert, sie verführt: dazu, sich einzufügen und unterzuordnen, ohne dass vorhandene repressive Strukturen dem je Betroffenen überhaupt bewusst würden. Auch manifestiert sich neoliberale Herrschaft nicht mehr (nur) in Strafe und/oder deren Androhung; der Einzelne wird vielmehr zur Ware, die sich (und ihren Warenwert, systemimmanent somit ihren wahren Wert) selbst kontrolliert, selbst vermarket und sich dadurch – wohl oder übel – zum bloßen Objekt degradiert. Diese ebenso sublime wie effiziente Machtarchitektur, die den Neoliberalismus kennzeichnet, wurde erst durch die Optionen der Mind Kontrol möglich; was in machiavellistisch-feudalen Konzepten noch Teil einer Gesamtstruktur war, entwickelte sich zum allumfassenden neo-liberalen Herrschaftsprinzip. So manifestiert sich neoliberale Macht als eine Art soft power, als Konzept, den anderen, möglichst subtil, derart zu beeinflussen, dass er will, was man selbst will, ohne dass er merkt, dass es eigentlich nicht das ist, was er will. Deceptio dolusque suprema lex: Tarnen und Täuschen, Grundprinzipien des Neoliberalismus´!
In summa erweisen sich neoliberale Wirtschafts-Theorien als ganz und gar interessengesteuert und werden dann (und nur dann) propagiert und realisiert, wenn sie den Belangen neoliberaler Profiteure zupass kommen. Divide et impera: Nach dieser Maxime versucht der Neoliberalismus, die Gesellschaft in Gruppen mit antagonistischen Interessen zu teilen; der eigentliche, substantielle Konflikt – der zwischen arm und reich – wird wohlweislich nicht thematisiert. Nur was den Interessen des entfesselten Kapitalismus´ neoliberaler Prägung nutzt hat eine Existenzberechtigung; wer Probleme hat, wer erfolglos, wer arm und krank ist trägt selber schuld: Er denkt falsch, handelt falsch, lebt falsch. Deshalb marschiert der neoliberale Mensch im Gleichschritt, passt sich an, ist jederzeit und überall widerspruchslos einsetzbar – sorgten in der Antike noch Sklaventreiber für eine maximale Ausbeutung der Unfreien, versklaven sich die des neoliberalen Zeitalters selbst.
Und, mehr und schlimmer noch: Der Neoliberalismus mordet. 100.000 Menschen am Tag, fast 40.000.000 im Jahr sterben allein an Hunger oder dessen (unmittelbaren) Folgen; von den Toten neoliberaler Kriege ganz zu schweigen. Der Neoliberalismus – ein System organisierter Verantwortungslosigkeit. Das, allein aus Gründen des Profits, die Lebensgrundlagen unsere Erde und die der Menschheit zerstört. Derart wird der Neoliberalismus zu einer Art „Hausphilosophie“ für die Reichen und Mächtigen dieser Welt, ist Ursache der Krankheit, als deren Therapie sie, die Herrschenden, ihn – wider besseres Wissen – propagieren. “´There´s class warfare, all right´, Mr. Buffett said, ´but it´s my class, the rich class, that´s making war, and we´re winning.´“
- Veröffentlicht am Montag 17. Juli 2017 von winterwork
- ISBN: 9783960142980
- 244 Seiten
- Genre: Gesellschaft, Politik, Sachbücher, Wirtschaft