Neue Literatur 2015/2016

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„So langsam würden wir vergessen, woran wir uns erinnerten, und zur Ruhe kommen.“ – Dieser Satz aus einem der Beiträge zur aktuellen Anthologie Neue Literatur 2015/2016 bringt ein zwiespältiges Gefühl zum Ausdruck: Wenn sich der Schleier des Vergessens allmählich über Bilder, Worte und Gedanken legt, mag das Leben zwar zur Ruhe kommen, zugleich aber gelangt es auch an sein Ende – und mit ihm die Hoffnung, es noch einmal als süße oder schmerzliche Erinnerung aufblühen zu lassen.
Ein Menschenalter nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und ein Vierteljahrhundert nach der Wiedervereinigung Deutschlands ist es Anspruch und Anliegen der hier versammelten Autorinnen und Autoren, an diejenigen Erlebnisse zu erinnern, durch die sich das persönliche Schicksal in die politische Geschichte verwebt. Skurrile und besinnliche Anekdoten vertiefen unseren Blick auf das Alltägliche und bringen das Wunder der Liebe in allen Facetten zum Klingen. Was für den einen das Ringen mit Verlust und Vergänglichkeit ist, wirft den anderen auf den eigenen Ort im Verhältnis zu Gott und Welt zurück. Wie auch immer die individuelle Motivation sein mag, vom Erlebten, Empfundenen oder Erdachten literarisch Zeugnis abzulegen – das allen Gedichten und Geschichten gemeinsame Ziel ist es, das Vergessen möglichst lange hinauszuzögern, um das Leben im Fluss zu halten.