neulich war schon oder

von

Die tagebuchartige Prosa stellt eine durch Kulturveranstaltungen, Party- und Randzonen in Berlin, Wien und Graz mäandernde Figur ins Zentrum, der die Zeitachsen durcheinander geraten. Einzelne Ereignisse werden zwar verortet und sind von Fall zu Fall zu überprüfen, aber zwischen die Zeitpunkte schiebt sich ein Ausfall von Erinnerungsvermögen wie nach epileptischen Anfällen. Dieses eigenartige Fehlverhältnis zu Zeit und Realitäten versucht verlorene Verbindungen neu zu verknüpfen. Zwei Anker wirft sich dieses Driften durch Begebenheiten: einerseits die Rückkopplung des Erlebten mit Leseerfahrungen, insbesondere mit einigen Schriften Hegels, andererseits das Anklingenlassen von Songs und Liedtextzeilen für eine imaginäre Balkanfahrt mit einer Unbekannten irgendwann in der Zukunft.
In der Zusammenführung von Erinnerungen an Gespräche, Lektüren und Filme mit der Beobachtung prekärer werdender sozialer Umgebungen registriert Ralf B. Kortes neulich war schon oder epochale Verlust- und Erschöpfungserfahrungen in beeindruckender Präzision und sprachlicher Intensität.