Nicht nur, weil ich grün bin

Das abenteuerliche Leben einer Kamera

von

Im Laufe meines nun schon recht langen Lebens habe ich mit vielen Menschen zusammengearbeitet. So habe ich auch erfahren, dass es üblich ist, eine Biografie zu schreiben, wenn man viel erlebt hat. Immer wieder ist mir die Idee durch den Prozessor gegangen. Aber als Kamera – wohlgemerkt, als grüne Kamera – ist das Schreiben so gar nicht mein Ding. Ich kann Bilder machen. Und bei richtiger Einstellung sogar sehr gute. Aber schreiben? Also dachte ich mir, ich erzähle den Menschen, die mich zum Sport, zu einem Ausflug oder in den Urlaub mitnehmen, so nach und nach, was ich erlebt habe. Doch die reagierten überhaupt nicht, wenn ich meine Laute von mir gab. Sie blickten mich nur irritiert an, wenn ich in den höchsten Tönen piepste und versuchten, mich durch sinnlose Einstellversuche zum Schweigen zu bringen.

Bis einmal ein Fotograf bei meiner Familie zu Gast war. Dieser Anselm F. Wunderer war echt interessiert daran und fragte sich, was ich mit den verschiedenen Geräuschen – ich simulierte das Klicken meines Auslösers und ließ den Motor meines Zooms im Leerlauf arbeiten – bezwecken wollte. Verstanden hat er mich leider auch nicht. Doch er hatte eine Idee: Nach ein paar Wochen kam er wieder und fuhr mit mir weit weg, zu einem riesigen Gebäudekomplex. Mehr darf ich leider nicht verraten. Nur so viel: Der Professor, der anonym bleiben möchte, stellte mich neben einen großen, extra für mich entwickelten Apparat, und ich begann mein Leben zu erzählen. Mit seinem elektronischen Dolmetscher schafften sie es, meine Laute in Worte zu verwandeln. Alles, was dabei herausgekommen ist, steht in diesem Buch.