Der Graf führte mich in die Bibliothek. Auf dem Tisch lag die Ausgabe der Prophezeiungen des Nostradamus von 1690, die mein Vater im Herbst 1918 aus der verwüsteten Schloßbibliothek in Belgien gerettet hatte und später dem Besitzer wieder zukommen ließ. 100 Jahre später lernt der der Autor die Nachkommen des Besitzers kennen und hält das Buch in Händen. Aus diesem Ereignis erwächst der Blick zurück auf die Geschicke der Eltern, die unter der Verfolgung des NS-Regimes zu leiden hatten, auf die Verwandten, die ermordet oder in die Emigration getrieben wurden. Der Elan, mit dem der Vater 1945 neue Aufgaben übernahm, wich bald der Resignation über die politische Entwicklung in der DDR. Der Autor erlebte als Abiturient die bedrückende Atmosphäre des Frühjahrs 1953 und wurde Zeuge der Ereignisse des 17. Juni in seiner Heimatstadt Cottbus. Er erhielt seine Prägung durch das Studium der Anglistik, Romanistik und Bibliothekswissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin und die kulturell anregende Atmosphäre, die den politischen „Wettkampf der Systeme“ in der geteilten Stadt begleitete. Aus seiner langjährigen Tätigkeit als wissenschaftlicher Bibliothekar in Halle(Saale) gibt er aufschlußreiche Einblicke in das bibliothekarische Tagesgeschäft der sechziger bis achtziger Jahre. Durch seinen Beruf, als Autor buchwissenschaftlicher Arbeiten und aufmerksamer Leser, als Besucher von Film- und Theateraufführungen registrierte er die kulturpolitischen Entwicklungen seiner Zeit. Die Erinnerungen sind mehr als die immerwährende Erzählung des Immergleichen, des Immergleichguten oder Immergleichschlechten und daher ein anderer als der vertraute Blick auf Vergangenes.
- Veröffentlicht am Donnerstag 2. Februar 2017 von epubli
- ISBN: 9783741888809
- 308 Seiten
- Genre: Belletristik, Romanhafte Biografien