Perspektiven der Aufklärung

Zwischen Mythos und Realität

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Das Postulat von Immanuel Kant, dem zufolge Aufklärung ‚der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit‘ (1784) sei, lässt sich als Beginn einer Epoche begreifen, die in der Soziologie, aber auch in der Selbstbeschreibung der Gesellschaft unter dem Stichwort Moderne verhandelt wird. Die Epoche der Aufklärung bildete den Ursprung für eine Reihe von emanzipatorischen Projekten, die nicht nur das Zusammenleben der Menschen untereinander betrafen, sondern auf entscheidende Weise auch das Verhältnis des Menschen zu seiner Umwelt prägten. Spätestens seit der von Adorno und Horkheimer beschriebenen ‚Dialektik der Aufklärung‘ und der von Foucault initiierten ‚genealogischen Kritik‘ als Desiderat der Aufklärung hat diese ihre Unschuld verloren.
Angesichts von Öko-, Wirtschafts- und Verschuldungskrise müssen die Schattenseiten einer fortschrittsorientierten Aufklärung stärker denn je in Rechnung gestellt werden. Diesem Geist folgend versammelt Perspektiven der Aufklärung verschiedene wissenschaftliche Disziplinen und Positionen. Beabsichtigt ist nicht die Aufklärung zu feiern, sondern eine kritische Bestandsaufnahme vorzunehmen, anhand derer die ganze Vielfältigkeit und Ambivalenz der Aufklärung deutlich wird, dabei aber radikal historisierend zu denken ist, mit anderen Worten: permanente Aufklärung als fortlaufendes Projekt der Gegenwartsgesellschaft.