Plötzlich ging alles ganz schnell

Roman

von

Die siebziger Jahre: Die Grenzen des Wachstums dämmern, in der Ölkrise hält das Autoland den Atem an, alte Wünsche kommen ins Stocken, Abhängigkeiten werden erst bewußt und dann angegriffen.
Doch ebensowenig wie in der Energiefrage weiß man sich aus den familiären und sozialen Verschlingungen zu helfen. Das ‚Nein, danke!‘ bleibt ein Zeichen für konkurrierende Gleichgesinnte.
Wohnung, Ernährung und Liebe stiften Identität – mit geradezu mythischer Macht.
Szondi und Euripides, Kleist und Castaneda vertreiben, so scheint’s, die Kindheitsängste, mit dem ersten Sperrmüll-Schreibtisch, der Brechtjoppe, bei lyrischen Gelagen und angespornt vom allgegenwärtigen Sexus stellt sich endlich die Hoffnung ein, es ganz anders machen zu können.
Aber plötzlich geht alles ganz schnell: Aus Reichen werden Linke, aus Linken werden Grüne, auf der Flucht vor den eigenen Eltern landet man an den Tischen fremder Familien, denen der Kumpel, der Freundin, bis aus Söhnen und Töchtern Väter und Mütter werden und die Jagd nach dem Glück wieder eröffnet ist.
Wie in ‚Ein Stück Malheur‘ und ‚Der Junior‘ setzt Jörg W. Gronius seinen Ich-Erzähler einer Wirklichkeit aus, die im Rückblick einiges vom Ernst einer Gegenwart verloren hat. Mit überwältigenden und lachhaften, mit enormen und alltäglichen Abenteuern aus dem dritten Lebensjahrzehnt vollendet sich eine autobiographische Roman-Trilogie mit einem Presto zwischen Tod und Leben.

Im Sommer ist die Stadt ein geschlossener Topf. Nicht die Sonne erhitzt das Innere, sondern die vom Kopfsteinpflaster aufsteigende Glut. Über den Granitplatten der Bürgersteige kocht die Luft. Die Rentner dünsten ihren sauren Geruch nach Mottenkugeln aus, und die Haufen der Hundescheiße, die sie auf ihren Wegen mit den großen Einkaufstaschen hinterlassen, stinken zum Himmel. Autofahrer kurbeln an den Ampeln die Seitenscheiben herunter und nennen einander Arschlöcher. Ein Kadettfahrer bietet einem jungen Fußgänger mit griechischer Hirtentasche, der die Fahrbahn am Zebrastreifen überquert, eins in die Fresse an. Der Fußgänger dankt mit dem Ruf: ‚Faschist!‘ Die undurchdringliche Wolkendecke bringt den Inhalt des Topfes zum Kochen. Alles steht still. Außer dem Bellen der Hunde hört man kaum einen Laut.

Jörg W. Gronius, 1952 in Berlin geboren, lebt als freier Autor und Librettist in Saarbrücken. Im Weidle Verlag erschienen seine beiden autobiographischen Romane ‚Ein Stück Malheur‘ (2000) und ‚Der Junior‘ (2005).