Ptolemäische Vermutungen

Aufzeichnungen über die Bahn der Sitten

von

Rudolf Burgers Essays sind immer eine Provokation. Aber nicht um des billigen Effekts oder der gezielten Werbewirkung willen, sondern weil alle wirkliche Aufklärung provozieren. Aufklärung will Vorurteile zerstören, die kleinen und großen Lügen in den Überzeugungen der Menschen.
Für die Vorurteile im zeitgenössischen Geistesbetrieb hat Rudolf Burger gleichsam ein seismographisches Gespür entwickelt. Ob er die vielbeschworene These von der Verdrängung der Nazivergangenheit ad absurdum führt oder die Scheinheiligkeit der Diskussion um die geänderte politische Konstellation in Österreich aufspießt, ob er eine in ihrer Heftigkeit seit Jahren singuläre Debatte um den Kunstbegriff anzettelt oder bis dato unhinterfragte Gemeinplätze der zeitgenössischen Kunstszene attackiert, ob er die Rechtfertigungsstrategien für die NATO-Militärinterventionen unter die Lupe nimmt oder die Empörung über Finkelstein hinterfragt – stets ist es der scheinbar wohlmeinende intellektuelle Konsens, der von ihm ebenso klar wie scharf formuliert aufgesprengt wird.