Quartbuch

von

Geboren zu Beginn des Ersten Weltkriegs irgendwo an der norddeutschen
Küste,
erlernt der Maler Karl Gustav Friedrich Prohaska in Berlin das Handwerk
des Fotografen und begleitet fortan die nationalsozialistische Todesmaschinerie
mit dem unerbittlichen Auge einer Kamera: Für das Reichspropagandaministerium
fotografiert und filmt er Szenen des Genozids in Kaunas
ebenso wie in Dachau, wo sein jüdischer Freund und späterer Biograf Stelenski
interniert ist.
Mit Stelenski bleibt er auch nach dem Ende des Weltkriegs in Kontakt –
zunächst
im spanischen, dann im lateinamerikanischen, schließlich auch im
japanischen Exil. Und weil Prohaska die zentralen Medien der Moderne beherrscht
– Malerei, Fotografie, Film –, wird er nach der Naziherrschaft zum
künstlerischen Archivar sämtlicher Schrecken des 20. Jahrhunderts, er dokumentiert
die verheerenden Diktaturen in Nicaragua ebenso manisch – und
dennoch stets distanziert – wie das Leiden der Überlebenden von Hiroshima.
Und ständig steht die eine große Frage im Raum: Was ist Kunst – und was darf
Kunst, im Angesicht des Todes?