In Kindheit und Jugend liest Johann Christian Kestner (1741–1800), was ihm zwischen die Finger kommt, die dicken Bände wie die kleinen Taschenformate, Erlaubtes und Verbotenes, Tag und Nacht. Robinson Crusoe fasziniert ihn so, dass er ganz abwesend erscheint; und erst die voluminösen Abenteuer- und Liebesromane! Angesteckt von seinem knapp zwei Jahre älteren Bruder Otto schreibt Johann Christian nicht mehr nur geschichtliche Aufsätze und einen ‚deutschen Robinson‘, sondern auch zahlreiche Gedichte. Die beiden jungen Männer studieren französische Lehrbücher der ’schönen Wissenschaften‘ wie Batteux und Rollin und lesen literaturkritische Zeitschriften wie ‚Briefe die neueste Litteratur betreffend‘ oder die ‚Berlinische Bibliothek‘. – Das neunzehnte und zwanzigste Lebensjahr Johann Christians, 1760 und 1761, wird eine sehr produktive Zeit für Lyrisches, zahlreiche Gedichte entstehen. Aber das trockene und schwere Jurastudium ab Herbst 1762, für Beruf und Lebensunterhalt eines bürgerlichen Beamtensohnes unabdingbar, unterbricht diese sehr kreative Phase. Die literarischen Wunschvorstellungen bleiben dennoch, Johann Christian trägt ‚in der Gesellschaft‘ seine Gedichte vor. Schließlich sucht er seine besten Gedichte aus, fertigt eine druckreife Reinschrift an – aber ein ‚Dichter‘ wird er nicht. Das schwere, ungeliebte Studium, der Tod seines Lieblingsbruders Otto, die eitrige Mittelohrentzündung, der Studienabbruch, die Sorgen um Arbeitsplatz und Lebensunterhalt lassen den Jugendtraum zerplatzen. Zum Glück für uns hat Johann Christian eines aufbewahrt: die Sammlung seiner schönsten Gedichte.
- Veröffentlicht am Montag 23. Dezember 2024 von Wehrhahn Verlag
- ISBN: 9783865250445
- 128 Seiten
- Genre: Belletristik, Lyrik