Dies ist die Geschichte von zwei Aussteigern aus der bürgerlichen Gesellschaft Medellíns in den Jahren 1976/77. Die Protagonisten, J. und seine Freundin Elena, brechen aus dem oberflächlichen, nur auf Konsum und Vergnügen ausgerichteten Leben der Millionenstadt aus und wollen auf einer entlegenen Finca an der karibischen Küste Kolumbiens neu anfangen.
Der Roman schildert ihre Ankunft in einer für sie fremden Welt, ihre Begegnung mit der Kultur der Schwarzen, ihre Anstrengungen, sich in dem heruntergekommenen Landhaus einzurichten und die Finca zu einem einträglichen Unternehmen zu machen. Der Autor zeigt durch minutiöse Schilderung weniger wesentlicher Vorfälle, wie dieser Traum von einem neuen, einfachen Leben auf dem Land scheitert. Es ist ein Scheitern auf der ganzen Linie, das Scheitern aller Hoffnungen, Visionen und Pläne: das Scheitern des wirtschaftlichen Projekts, von der Finca leben zu können; das Scheitern von J.s und Elenas Versuch, sich in der fremden tropischen Welt zu assimilieren; das Scheitern von J.s und Elenas Beziehung: Elena verläßt die Finca und kehrt nach Medellín zurück; und schließlich J.s Scheitern als physische Existenz: Das Buch endet mit seinem Tod.
Man könnte sagen, J.s und Elenas Schicksal entwickelt sich mit der Unausweichlichkeit einer griechischen Tragödie. Dennoch erzählt der Autor keine traurige oder deprimierende, sondern eine absolut stimmige und konsequente, einleuchtende, zutiefst menschliche, ja, sogar tröstliche Geschichte. Tomás González‘ Leitmotiv in all seinen Romanen ist die beständige Wiederkehr des Lebens. In „Horacios Geschichte“ hat er dies an den sich unablässig reproduzierenden Kühen deutlich gemacht; in „Am Anfang war das Meer“ sind es die sich immer erneuernden Palmen am Strand. González besitzt die Kunst, dem Tod seinen Schrecken zu nehmen und zeigt, daß er zum Leben gehört, daß der Mensch Teil der Natur ist, aus der Natur kommt und nach seinem Tod wieder in die Natur eingeht.
1984, kurz nach dem Erscheinen des Romans, urteilte der bedeutende Historiker und Kritiker Jorge Orlando Melo: ‚Ohne dass direkte Einflüsse oder Vorbilder zu sehen sind, atmet dieser Roman die Hoffnungslosigkeit der klassischen Werke Onettis, geht der Autor mit dem psychologischen Feingefühl zu Werke, das wir von Updike kennen, und finden wir diese Verquickung von Poesie und Untergang, die für viele Erzählungen Malcolm Lowrys charakteristisch ist – und dabei steht Tomás González den Meistern in nichts nach.‘
Reihe Durian
Roman
von Tomás González