Reihe Lyrik

Gedichte

von ,

Warum haben wir nun für die erste umfassende deutsche Ausgabe der Gedichte von Michael Palmer den Titel
Gegenschein gewählt? Neben dem Wort Bahnhof ist dies das einzige deutsche Wort im Werk von Palmer. Es erscheint in einem ganz frühen Gedicht in der Sammlung Blake’s Newton, und zwar in einem verneinenden Zusammenhang: ‚Once in October / not seeing / the Gegenschein / or counterglow / an elliptical light / opposite the sun‘. Das Englische hat dieses Wort dem Deutschen zur Bezeichnung eines astronomischen Phänomens entlehnt: Es meint den schwachen Schimmer, der durch die Anstrahlung kosmischen Staubs entsteht und in Opposition zur Sonne in dunklen Nächten und fernab aller künstlichen Lichtquellen zu beobachten ist. Alexander von Humboldt hat den Begriff in dieser Weise geprägt. Er bezeichnet im Deutschen auch einfach die Oppositionsstellung zur Sonne. Dann wird es im Sinne von Abglanz, Abbild (Spiegelbild), Widerschein des göttlichen Wesens (bei Jakob Böhme) und ganz banal als Gegenstück oder Quittung verwendet. Der Übersetzer mag es auf seine Arbeit gegenüber dem Original beziehen. Bei Palmer klingt es an seine Vorstellung von der counter-tradition an (in der er sich sieht) und bei Celan gibt es Gegenwort und Gegenlicht. In Gegenschein sind vielleicht die vielfältigen Brechungen und Oszillationen angesprochen, die im Werk von Michael Palmer aufschimmern. Ein wesentliches Paradox dieses Werkes ist es, dass es gerade vermittels seiner vielen Anleihen völlig originär und einzigartig wirkt, dass sich seine vielen Mosaiksteine und Partikeln zu einer neuen unvergleichlichen Sprachmusik fügen, die absolut nichts Epigonales hat oder als Pastiche erscheint. Der Abglanz wird so zu einem ganz eigenen Leuchten, zu dessen Wahrnehmung verfeinerte Instrumente vonnöten sind. Kosmischer Staub, der auf den Flügeln von Nachtfaltern wiedererscheint. Durch diese Texte werden wir in subtile Welten entführt und erfahren das Glück einer andauernden leichten Erschütterung, sowohl im Sprachlichen als auch im Körperlichen.
Rainer G. Schmidt

‚einer der wichtigsten Dichter Amerikas‘ Harvard Review

‚Wir sehen einen Meister, der sich selbst und seine Leser mit einer Dichtung überrascht, die so reif daherkommt wie frisch.‘ Publishers Weekly

‚Michael Palmer ist sperrig und das lohnt sich.‘ Boston Review