Reihe Phönixfeder

Roman

von

Der Roman spielt zur Zeit des zweiten japanisch-chinesischen Kriegs, der von chinesischer Seite als „Antijapanischer Widerstandskrieg“ bezeichnet wird. Er begann mit der Invasion der Japaner in China am 7. Juli 1937 und dauerte bis zum 9. Sept. 1945, als Amerika eine Atombombe über Hiroshima abwarf und somit der 2. Weltkrieg für alle an ihm beteiligten Nationen ein Ende fand. Im Fokus des Romans steht dabei ein Massaker, das die Japaner am 23. September 1939, zur Zeit des Mittherbstfestes, in Yingtian, einem kleinen Ort in der Provinz Hunan, ganz nahe beim Dongting-See, anrichteten und bei dem Tausende von Zivilisten – Bauern, Frauen und Kinder – auf grausame Weise ums Leben kamen. Für die Japaner war der kleine Ort, in dem auch Soldaten der chinesischen Nationalarmee stationiert waren, vor allem kriegsstrategisch wichtig im Zusammenhang mit der Schlacht um Changsha.
Abgesehen davon, dass gerade dieser Schauplatz des zweiten Weltkriegs, den die Japaner eigentlich unter dem Vorwand, sich mit den Chinesen gegen die westlichen Kolonialmächte in einer „Großasiatischen Prosperitätszone“ verbünden zu wollen, angezettelt hatten, auch dem historisch interessierten Leser weitgehend unbekannt sein dürfte, besticht der Roman besonders auch durch die Entscheidung des Autors, den Ablauf der Ereignisse überwiegend aus der Perspektive eines japanischen Ehepaars zu erzählen, des Japaners Nobuhiro Takeda, und seiner jungen Ehefrau Chizuko, die von Sehnsucht nach ihrem Mann getrieben, im Rahmen einer Aufmunterungsdelegation nach China reist. Aus beider Blickwinkel werden die Ereignisse beschrieben und reflektiert, wobei sich im Laufe der Monate, die sie sich im „shinesischen“ Feindesland aufhalten, vieles in ihren Köpfen verändert. Auf chinesischer Seite steht im Mittelpunkt Zhu Yidian, ein gelernter Korbflechter und Seemann, der durch die Umstände der Zeit zum Guerillakämpfer gegen die Japaner wird und der durch seine Entscheidung, die nach Schüssen auf ihren Mann zurückgebliebene Chizuko bei sich aufzunehmen, die Menschlichkeit vor alle Kriegslogik stellt.
Dieser Roman ist somit ein Kriegsroman und zugleich ein Anti-Kriegs-Roman, weil sein Autor seine Protagonisten immer wieder über die Frage reflektieren lässt, was dieser Krieg, und Krieg überhaupt, und wem er nützen soll. Die Recherchen Xiong Yuquns gehen dabei weit über sorgfältige historische Recherchen hinaus. Durch die Auswertung von Interviews mit Überlebenden des Massakers und mit Tagebüchern und anderen Dokumenten der japanischen „Täter“ rekonstruiert Xiong vor allem auch den „Geist“ jener Zeit, der aus an sich sensiblen Menschen Maschinen im Dienste der japanischen Ideologie machen konnte.
Dieser Roman handelt aber wie gesagt auch von der Liebe und von Menschlichkeit, die da aufscheint, wo man es vielleicht am wenigsten erwartet hätte. Und schließlich ist er auch eine Liebeserklärung an seine eigene Heimat und ihre Naturschönheiten, denn die von viel Wasser, viel Schilf, Kampferbäumen und vor allem Reisfeldern durchzogene Landschaft Hunans und besonders das Gebiet um den Dongting-See beschreibt er, selbst inmitten der Kriegshandlungen, in einer solchen Intensität, dass man als Leser meint, sofort dorthin reisen und dies alles selbst in Augenschein nehmen zu müssen.

Zum Autor
XIONG Yuqun 熊育群 (geb. 1962), aufgewachsen in der Umgebung des Dongting-Sees, nahe dem zentralen Schauplatz seines Romans, studierte zunächst Hochbau und war lange Jahre als Bau¬unternehmer beschäftigt, war dann zeitweise als Journalist tätig und verfasste u. a. Reiseliteratur und unterrichtet als Professor an der Tongji-Hochschule in Shanghai. XIONG schrieb mehrere Romane und Gedichtsammlungen, ist derzeit Vizevorsitzender des Schriftstellerverbands der Provinz Guang¬dong und Direktor der Literaturakademie Kanton. Er erhielt den fünften Literaturpreis der Lu Xun-Akademie; von ihm erschienenen bislang über 20 Publikationen, Romane, Prosa und Gedichte.