Sand im Getriebe

Die Geschichte der Leipziger Oppositionsgruppe um Heinrich Saar 1977 bis 1983

von

Leipzig im September 1978. Rund um das Völkerschlachtdenkmal herrscht hektische Betriebsamkeit von Polizei und Staatssicherheit. Jemand hat an dem Monument die Losung „FREIHEIT FÜR BAHRO“ angebracht. Schon bald kommt die Staatsmacht den Sympathisanten des Dissidenten, der ein Jahr zuvor mit seinem Buch „Die Alternative“Freikauf“ durch die Bundesregierung (1981/82) mit einbezieht. Da es sich um junge Erwachsene handelte, die in die Mühlen der politischen Strafjustiz gerieten, ist schließlich hervorzuheben, dass Uta Franke auch private Belastungen nicht ausspart: Gerade und vor allem die kleinen Kinder, die noch 20 Jahre später, nun selbst erwachsen, fragten, ob dies nicht alles verantwortungslos gewesen sei. Immerhin mussten mehrere Kinder einige Jahre ohne ihre Mütter und/oder Väter aufwachsen. Uta Frankes Tochter scheint jedenfalls trotz aller Belastungen zu Recht stolz auf ihre Mutter zu sein, denn sie hat ihre Mutter nicht nur mit zu diesem Buch inspiriert, sondern mit ihrem Freund zugleich den ersten Dokumentarfilm über die Gruppe gedreht. Man kann dem Buch nur eine große Verbreitung wünschen: In der politischen Bildung ebenso wie in der zeithistorischen Forschung, als Quelle im Schulunterricht und wie es überhaupt jedem historisch Interessierten, der sich über Formen von Diktaturwirklichkeiten kundig machen will, dringend nahegelegt sei. Ich habe jedenfalls nur selten ein Buch von einer(m) „Betroffenen“ für Aufregung sorgte, auf die Spur. Diese gehören zum Freundeskreis um den alten Kommunisten Heinrich Saar, der wegen seiner Kritik an der SED bereits inhaftiert gewesen ist. Die jungen Leute versuchen, mit solchen Aktionen auf Missstände in der DDR aufmerksam zu machen, ohne den Sozialismus als Staatsform zunächst grundsätzlich in Frage zu stellen. Doch die Reaktion der SED-Justiz ist unbarmherzig. Auf Verhaftung und Verurteilung folgt der Strafvollzug in den Haftanstalten Hoheneck, Cottbus und Bautzen.
Uta Franke, selbst Mitglied der Gruppe, legt eine spannende, bewegende und fundierte Dokumentation über staatliche Repression und mutige Opposition in der DDR am Beispiel des Leipziger Freundeskreises vor. Sie basiert auf eigenen Erlebnissen, auf Interviews mit den Beteiligten und auf den Unterlagen der Staatssicherheit. Das Buch leistet einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der jüngeren deutschen Geschichte und gegen die Verklärung des politischen Systems in der DDR.