Scène

Neue französische Theaterstücke

Fünf Stücke, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten: Jacques Alberts „Sig Sauer Pro“ führt direkt aufs Land hinaus, wo man sich kennt, weil man zusammen trinkt und auch das Schweigen noch beredt ist. Skurrile Typen, die sich in ganz „normalen“ Katastrophen verheddern, bevölkern das Stück. In „Burn Baby Burn“ von Carine Lacroix treiben die Sehnsüchte der Figuren nicht mehr nur groteske Blüten, sie katapultieren die beiden Mädchen Hirip und Violette auch weit aus der Gesellschaft hinaus. Lebenshungrig-naiv die eine, zornig und ein wenig hintertrieben die andere: fast hätten sie friedlich aus den bedrückenden Umständen ausbrechen können. Aber sie erhalten im falschen Moment Besuch. Auch Frédéric Sonntags Personen in „Nous étions jeunes alors“ sind jugendlich – und auf der Flucht vor einer Realität, in der Fiktionen und Traumata sie permanent einzuholen scheinen. Ihre Flucht wird zu Initiationsreise, auf der die drei jungen Menschen sich ihren Ängsten und Ausflüchten stellen müssen. Ohne die letzten beiden Dramatiker – einer anderen Generation – wäre die französische Theaterlandschaft kaum denkbar: Valère Novarina beweist auch in „L’Acte Inconnu“ wieder seine schier unerschöpfliche Sprachkreativität, gekoppelt an viel Humor. Ob Gott, das Leben, der Tod oder Fernsehen, Werbung, Konsum – Novarinas Sprachwirbel saugen alles auf und machen seinen Theaterstil ist so eigen wie brillant. Auch Michel Vinaver steht nun schon über Jahrzehnte hinweg über den Moden: fast prophetisch haben seine Stücke, um die Alltagswelt von Angestellten und Arbeiter kreisend, wirtschaftliche Katastrophen oder die Auflösung der Arbeitsgesellschaft vorweggenommen. So knüpft er auch in „A la renverse“ ein dramatisches Netz aus den Fallstricken von Reality-TV und Börsenkrach – unzweifelhaft aktuell.